Wenn Frauen die Mutterschaft bereuen
Wenn Kinder nicht nur glücklich machen: Wiebke teilt ihre Erfahrungen als Zweifach-Mama
- Aktualisiert: 11.11.2024
- 15:40 Uhr
- Sabine Rodenbäck
Im taff Spezial "Die Kinderwunsch-Frage: Nachwuchs ja oder nein?" erzählen drei Frauen ihre Geschichte. Eine von ihnen ist Wiebke Schenter. Die Wienerin ist Zweifach-Mama, liebt ihre Kinder und bereut es dennoch, Mutter zu sein.
Die Liebe zu Kindern und der Hass auf die Mutterschaft
Wiebke Schenter spricht ganz offen darüber, welche beklemmenden Gefühle sie erlebte, als sie ihr erstes Kind bekam. Als Influencerin stellt sie seitdem den Mythos Mutter infrage und verdient sogar ihren Lebensunterhalt damit. Im taff Spezial verrät sie, wie sie mit dem Leben als Zweifach-Mama klarkommt und was sie betroffenen Müttern und Frauen, die vielleicht Mutter werden wollen, rät.
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Unglücklich in der Mutterrolle: War es die falsche Entscheidung?
Das zu verstehen, fällt vielen schwer: Wiebke Schenter bereut ihre Mutterschaft zutiefst. Dennoch bezeichnet sie ihre beiden Kinder als Wunschkinder. Schließlich entschied sie sich sogar bewusst für ein zweites Kind, obwohl sie schon beim ersten merkte: Muttersein ist nicht ihr Ding. "Wir wollten kein Einzelkind" begründet sie ihre Entscheidung.
Eigentlich war für Wiebke immer klar, dass sie Kinder will: "Ich dachte, es wird so wie in der Windel-Werbung. Die Tür geht auf und das Baby strahlt einen an, weil es die ganze Nacht durchgeschlafen hat."
Die Ernüchterung folgt gleich nach der Geburt. Bereits beim ersten Kind merkt sie, dass sie ihre Freiheit verloren hat. Das beklemmende Gefühl geht nicht wieder weg - das Kind auch nicht. Eine kräftezehrende Zeit beginnt. Als Assistentin in Teilzeit hat sie sich familienkompatibel organisiert, doch zufrieden ist Wiebke nicht. Nach der Geburt des zweiten Kindes während der Pandemie 2020 wird es noch schlimmer: ”Alles, was ich so an der Mutterschaft gehasst habe, war plötzlich 24 Stunden um mich herum.” Ihre Schamgefühle führen letztendlich zu einer Erschöpfungsdepression.
Wie lebt man mit der Reue, Mutter geworden zu sein?
Heute ist Wiebke Content Creator in Vollzeit. Ihren Instagram-Kanal "piepmadame" mit 95.000 Followern auf Instagram bespielt sie mit Themen rund um die feministische Mutterschaft: Mom Shaming, unterdrückte Gefühle, Elternsein als Paar, bedürfnisorientierte Erziehung.
Sie hat Strategien entwickelt, mit den Ambivalenzen zu leben. Ihr Partner unterstützt und akzeptiert das. Eine gute Lösung für das Paar, um Entlastung im Alltag zu schaffen: Wiebke arbeitet in einer Zweitwohnung, die gleichzeitig als Rückzugsort dient. Was ihr immer noch Kopfzerbrechen bereitet? Wie sie ihrer inzwischen 9-jährigen Tochter erklären soll, dass sie zwar das Beste ist, was ihr passieren konnte, Wiebke aber gleichzeitig die Mutterschaft bereut.
Regretting Motherhood - die Ursprünge der Bewegung
Hashtags wie #ehrlicheelternschaft und #regrettingmotherhood boomen seit Jahren und erzeugen Zustimmung und Hass zugleich. Vielen Frauen geht es wie Wiebke - und immer mehr geben das auch zu. Die israelische Soziologin Orna Donath befragte für eine Studie im Jahr 2015 23 israelische Mütter zu ihren Gefühlen gegenüber der eigenen Mutterrolle. Alle beantworteten die Frage "Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie dann noch einmal Mutter werden, mit dem Wissen, das Sie heute haben?" mit "Nein" - und beteuerten dennoch, dass sie ihre Kinder liebten. Die Studie löste eine riesige Debatte aus, vor allem in Deutschland.
Aber was genau passiert Verstörendes, wenn ein Kind zur Welt kommt? Frauen verlieren ihre bisherige Identität, wenn sie Mutter werden. Wird die nicht positiv neu definiert, entsteht ein Fremdheitsgefühl zum eigenen Ich. Fehlt es dann an Unterstützung oder bedrückt eine Doppelbelastung durch Arbeit und Familie oder eine unfaire Verteilung der Care-Arbeit die Frau, können die Gefühle dauerhaft psychische Probleme auslösen - bei Mutter und Kind(ern).
Wiebkes Tipps für Mütter:
- Gefühle anerkennen. Erst wenn man das Problem benennt und ausspricht, lassen sich Lösungen finden.
- Nicht alle Mütter müssen gerne Mütter sein. Das Muttersein ist eine Tätigkeit, die man nicht mögen muss.
- Eigene Bedürfnisse nicht vergessen. Nicht nur darauf achten, was die Mutter der Familie braucht, sondern auch, was die Frau braucht.
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