Acqua alta: Führt "MoSE" Venedig aus den Hochwassern?
- Veröffentlicht: 16.10.2020
- 17:00 Uhr
- Galileo
Jedes Jahr sucht Acqua alta (Hochwasser) Venedig heim. Warum liegt die Hafenstadt regelmäßig für mehrere Stunden unter Wasser? Inwiefern "MoSE" die Lösung sein könnte, erfährst du auf dieser Seite.
Das Wichtigste zum Thema Acqua alta
Hochwasser ereignen sich in Venedig jedes Jahr: Klettert der Wasserpegel über einen Meter über den Normalwert, herrscht Hochwasser (ital.: Acqua alta).
Infolge des Klimawandels steigt die Anzahl an bedrohlichen Acque alte schnell an.
Ein Projekt namens "MoSE" soll die italienische Hafenstadt retten. Nach mehrmaliger Verzögerung gab es jetzt den ersten Einsatz in der Praxis.
Das bedeutet "Acqua alta"
In Venedig sind Hochwasser normal. Vom Herbst bis in den Frühling erreicht der Wasserpegel jedes Jahr besorgniserregende Höhen. Ein Hauptgrund dafür ist die Lage der italienischen Hafenstadt: Sie befindet sich direkt innerhalb der Lagune von Venedig, mehr als die Hälfte ihrer Gesamtfläche besteht aus Wassergebieten. Zudem liegt die Stadt durchschnittlich bloß einen Meter über dem Meeresspiegel.
Bei besonders starker Flut und niedrigem Luftdruck drängt das Adriatische Meer enorme Wassermengen in die Lagune. Die Folge: Hochwasser. Oder wie Italiener sagen: Acqua alta. Abhängig von den Gezeiten kann das Hochwasser mehrere Stunden anhalten. Die Stadtgemeinde Venedig informiert Einwohner und Besucher online über die aktuelle Vorhersage zu Acqua alta.
Der tiefstgelegene Punkt Venedigs, der Markusplatz, steht am schnellsten unter Wasser.
Alle Jahre wieder: So hoch steigt das Wasser
Folgen des Klimawandels
In letzter Zeit hat die Anzahl an gefährlichen Hochwassern drastisch zugenommen: Über 60 Prozent der Hochwasser mit einem Wasserpegel von mindestens 1,40 Metern über dem Meeresspiegel ereigneten sich ab dem Jahr 2000. Mitte November 2019 erlebte Venedig nicht nur das zweitschlimmste Hochwasser seiner Geschichte. Innerhalb einer Woche stieg der Wasserpegel 4 Mal über 1,40 Meter!
Das liegt vor allem am Klimawandel und dem damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels. Klimaforschern zufolge könnte Venedig ab der Mitte des 21. Jahrhunderts alle 3 Tage unter Wasser stehen.
Zusätzlich hat Venedig noch ein anderes Problem: Die Stadt und ihre Bauwerke sind zu schwer! Das gewaltige Gewicht der Gebäude sorgt dafür, dass der Boden unter der Stadt jährlich um ein paar Millimeter sinkt. In den vergangen 100 Jahren ist Venedig um die Breite eines Schulhefts (über 20 Zentimeter) abgesackt.
MoSE als Retter?
🚪 Im Jahr 1996 billigte die damalige Regierung das Projekt MoSE: Modulo Sperimentale Elettromeccanico. 5 Meter dick, 20 Meter breit und 30 Meter hoch: Seit 2003 arbeiten Experten an gigantischen Stahltoren an den 3 Eingängen zur Lagune, die die Fluten der Adria abwehren sollen.
🌊 Bei normalem Wasserstand liegen die Kolosse unsichtbar am Meeresgrund. Steigt der Wasserpegel auf über einen Meter über dem Normalwert, richten sich die künstlichen Mauern innerhalb von rund einer halben Stunde computergesteuert auf. Wie der Prophet in der Bibelgeschichte soll MoSE das Meer teilen: Venedig ist dann vom offenen Meer abgeschirmt.
⏳ Die bereits lange Arbeitsphase lässt vermuten: Da lief was schief! Tatsächlich sorgten Pannen und Korruption dafür, dass sich die Fertigstellung immer wieder verzögerte: zunächst von 2011 auf 2014, dann auf 2017.
🥳 Am 03. Oktober 2020 war es dann so weit: MoSE hatte seinen ersten Praxis-Einsatz - mit Erfolg! Nach fast 2 Jahrzehnten Bauphase, hielten die 78 Fluttore erstmals Wassermassen von der Stadt ab.
💰 Trotzdem bleibt MoSE ein stark umstrittenes Projekt. Umweltschützer befürchten negative Auswirkungen für das Ökosystem. Experten streiten über Kosten und Nutzen. Über 5,5 Milliarden Euro soll MoSE bis zu seiner Fertigstellung gekostet haben. Jährlich kommen nun Betriebs- und Unterhaltskosten von rund hundert Millionen Euro dazu.