Autonome Schiffe: So fahren Frachter bald ohne Kapitän
- Veröffentlicht: 12.01.2023
- 13:45 Uhr
- Peter Schneider
Schon bald steuern Computer riesige Frachter über die Meere. Denn autonome Schiffe ohne Crew sind billiger - und vermutlich sogar sicherer. Was hinter der Revolution auf den Ozeanen steckt, lest ihr hier.
Das Wichtigste zum Thema Autonome Schiffe
Seit diesem Jahren fahren autonomen Schiffe übers Meer. Sie werden nicht von einer Mannschaft gesteuert, sondern von Computern. Es ist eine Revolution der Seefahrt.
Eines der bekanntesten autonomen Schiffe ist die Yara Birkeland. Sie ist das Einzige von weltweit 62.000 Frachtschiffen, das nicht nur elektrisch angetrieben wird, sondern schon bald auch ganz allein steuert.
Der Vorteil autonomer Schiffe: Sie brauchen keine teuren Mannschaften. Auch Unterkünfte und Rettungsboote fallen weg. Noch besser: Wo früher die Brücke stand, ist Platz für noch mehr Container.
Ohne Heuer und sonstige Ausgaben für die Mannschaften können Reedereien mit autonomen Schiffen bis zu einem Drittel ihrer Ausgaben einsparen.
Schiffe sind noch vor der Erfindung des Rads die größte Erfolgsgeschichte des Warenverkehrs: Schiffe transportieren 80 Prozent aller Güter weltweit - laut den UN mehr als zehn Milliarden Tonnen jährlich.
Autonome Schiffe: So sehen sie aus.
Autonome Schiffe: So fahren Frachter bald ohne Kapitän
Yara Birkeland: Das modernste autonome Schiff der Welt
🚛 Die Yara Birkeland ist ein Düngemittel-Frachter. Das 3400 Tonnen schwere Schiff soll laut Betreiber 40.000 Fahrten mit dem Lastwagen ersetzen, die normalerweise über die Straßen entlang eines Fjords fahren.
🧑🤝🧑 Derzeit befinden sich sicherheitshalber noch fünf Besatzungsmitglieder an Bord. In einer zweijährigen Testphase soll die selbstlernende Software des Schiffscomputers lernen, wie es dem Schiff den Weg weist und anderen Schiffen ausweicht.
📷 Ab 2024 wird der Container-Frachter völlig autonom mit Radar, Infrarot-Sensoren und optischen Kameras, die etwa 13 Kilometer von Herøya nach Brevik und zurück navigieren.
🏣 Überwacht wird das Schiff dann lediglich von einem Onshore-Kapitän - also einem Schiffsführenden, der sich nicht auf dem Schiff selbst, sondern an Land befindet. Er kann dann von aus Büro in kritischen Situationen das Ruder übernehmen.
🗺️ Hier kannst du sehen, wo sich die Yara Birkeland gerade befindet
Dreckschleudern Ozeanriesen
So steuern Schiffe allein
🛰️ Wie jede:r Smartphone-Besitzer:in finden sich auch Schiffe per satellitengestützter Positionsbestimmung (GPS) zurecht. Gekoppelt an eine Seekarte weiß der Schiffscomputer immer, wo sich das Schiff befindet und welchen Kurs es steuern muss, um Untiefen zu umschiffen.
💻 Um Schiffe und andere bewegliche Hindernisse zu erkennen, richten autonome Schiffe die Sensoren von Kameras, Drohnen, Infrarot, Radar und Echolot aufs Wasser. Falls Schiffe am Horizont erscheinen, errechnet ein Computer aus ihren Daten, wie wahrscheinlich eine Kollision ist - und ändert bei Gefahr den Kurs.
🕹️ Ist die Technik erst mal ausgereift, könnten weniger als 20 Personen ausreichen, um eine Flotte von mehr als 100 autonomen Schiffen von einer Einsatz-Zentrale an Land zu überwachen.
🚦 Besonders gut für die autonome Schifffahrt eignen sich Kanäle im Inland. Ihre Grenzen sind für Sensoren gut sichtbar und der Verkehr übersichtlich. Daher fahren bereits autonome Binnenschiffe testweise in Belgien und den Niederlanden.
Torpedo-Design
Warum noch keine autonome Schiffe über die Ozeane dampfen
☠️ Viele Redereien haben Angst vor Piraten. Ein Schiff ohne Crew ließe sich problemlos entern und anschließend entführen - wie es häufig vor der Küste Somalias vorkommt.
🎛️ Cyberpiraten: Auch Seeräuber könnten aufrüsten. Statt mit einer wilden Crew das Schiff zu entern, ließe sich womöglich viel bequemer aus der Ferne der Schiffs-Computer hacken und umleiten.
🤖 Laut internationalem Seerecht braucht jedes Schiff zudem einen Kapitän, der die Verantwortung übernimmt. Sonst bekommt es keine Versicherung und darf nicht ablegen. Bisher fahren autonome Schiffe daher nur innerhalb nationaler Seegrenzen - so wie die Yara Birkeland.
🕰️ Zwar berät eine internationale Kommsision bereits, aber eine Vereinbarung könnte erst 2028 kommen.
🏴 Die aktuellen Sensoren können zwar andere Schiffe und Seezeichen wie Leuchttürme erkennen. Probleme haben sie aber ausgerechnet mit alter seemännischer Technik, beispielsweise Flaggen und Kegeln.
Ferngesteuert vs. autonom
Unbemannt ist nicht gleich unbemannt. Im Gegensatz zu ferngesteuerten Fahrzeugen fahren autonome Schiffe per Computer völlig selbstständig übers Wasser. Die schwimmende Landeplattfom "A Shortfall of Gravitas' at sea", auf der die Raketen von SpaceX aus dem All zurückkehren, hat zwar auch keine Besatzung, sondern wird von einer Crew ferngesteuert. Sie ist also kein echtes autonomes Schiff.
Externer Inhalt
Kostenfaktor Crew
Und wer rettet Tom Hanks?
🎥 Im Film Cast Away dämmert der schiffbrüchige Tom Hanks auf einem zerfallenden Floß dem Tod entgegen - Achtung Spoiler! - da schiebt sich ein riesiges Frachtschiff ins Bild - die Rettung.
⚰️ Wird es diesen Jahrhunderte alten Rettungsanker für die Schiffbrüchigen bald nicht mehr geben?
🌊 Die Sensoren autonomer Frachter erkennen den oder die Schiffbrüchige in bewegter See womöglich besser als Menschen. Aber: Wie soll ein Schiff ohne Besatzung einen Menschen an Bord ziehen?
🏊♀️ Tröstlich: Nach Aussage von Experten wie Hans-Christoph Burmeister vom Hamburger Fraunhofer-Center für Maritime Logistik werden in Wirklichkeit kaum Schiffbrüchige von zufällig vorbeifahrenden Schiffen gefunden und gerettet.