Brandgefahr durch Batterien: Wie sicher sind E-Autos?
- Veröffentlicht: 31.07.2023
- 17:52 Uhr
- Christian Stüwe
Der Brand an Bord der Autofähre "Fremantle Highway" könnte durch ein Elektroauto verursacht worden sein. Aber brennen E-Autos tatsächlich häufiger als Autos mit Verbrennungsmotor? Wir sind der Sache nachgegangen.
Das Wichtigste zum Thema Brandgefahr bei E-Autos
Das Feuer auf dem Autofrachter "Fremantle Highway" in der Nordsee sorgt derzeit für Schlagzeilen.
Das Schiff geriet vor der niederländischen Insel Ameland in Brand. Ein Besatzungsmitglied starb beim Versuch, sich mit einem Sprung ins Wasser aus 30 Metern Höhe vor den Flammen zu retten.
Auf der unter der Flagge Panamas fahrenden "Fremantle Highway" befanden sich laut dem Unternehmen K-Line, das das Schiff gechartert hatte, 3.783 Autos, darunter rund 500 mit Elektro- oder Hybrid-Antrieb.
Eines dieser E-Autos könnte nach ersten Erkenntnissen den verheerenden Brand ausgelöst haben.
Der Vorfall sorgt für neue Diskussionen um die Sicherheit von Elektroautos, denen immer wieder nachgesagt wird, häufiger zu brennen als Autos mit Verbrennungsmotor. Aber ist das tatsächlich so?
Brennen Elektroautos häufiger als Benziner?
Die klare Antwort lautet: Nein. Der amerikanische Versicherungsdienstleister AutoinsuranceEZ wertete im vergangenen Jahr Daten der beiden US-Verkehrsbehörden National Transportation Safety Board (NTSB) und National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) zu erfassten Fahrzeugbränden aus. Das Ergebnis zeigte, dass E-Autos sogar deutlich seltener brennen als Autos mit Verbrennungsmotor oder Hybridantrieb.
Lediglich 25 von 100.000 E-Autos gerieten in Brand, von den mit Benzin oder Diesel betankten Fahrzeugen brannten im untersuchten Zeitraum 1.530.
"Das Risiko eines Brandes ist vergleichsweise gering, da aktuelle Elektroautos bei einem Unfall genauso sicher sind wie herkömmliche Autos", teilte der ADAC im vergangenen Jahr anhand der der Ergebnisse von Crash-Tests mit.
Was passiert, wenn ein E-Auto brennt?
Auch wenn E-Autos nicht häufiger brennen als Verbrenner, ist im Brandfall der Löschvorgang tatsächlich deutlich aufwändiger. Die Feuerwehr braucht sehr viel mehr Wasser, die Brandbekämpfung dauert länger.
Dass ein Elektroauto sich im Stand oder während der Fahrt ohne externe Einwirkung selbst entzündet, ist jedoch extrem selten. Auch beim Laden kommt dies so gut wie nie vor, wenn die Vorschriften beachtet werden. Gefährlich kann es jedoch werden, wenn die Schutzmechanismen der eingebauten Batterie durch einen schweren Unfall beschädigt werden und sich das Gehäuse des Akkus verformt. Dann kann es im schlimmsten Fall zum "Thermal Runway" kommen, einer Kettenreaktion in den Zellen des Lithium-Ionen-Akkus.
Da das Löschwasser aber oft kaum in das gut vor Feuchtigkeit geschützte Batteriegehäuse eindringen kann, ist der Brand nur schwer zu löschen. Das Auto brennt einfach immer weiter. Deshalb wird in der Regel versucht, den brennenden Akku mit einer großen Menge Löschwasser abzukühlen.
Deshalb werden laut ADAC derzeit verschiedene neue Löschtechniken erprobt. Unter anderem könnte eine extrem hitzebeständige Löschdecke eingesetzt werden, in die das komplette in Brand geratene E-Auto eingepackt wird.
Eine weitere neue Technik sind sogenannte Löschdorne. Diese können in die Abdeckung von Batteriegehäusen getrieben werden und sollen dabei helfen, das Löschwasser direkt in die brennende Batterie zu bringen. Schon länger im Einsatz sind sogenannte Löschcontainer, in die das E-Auto mit einem Kran gehievt wird. In dem Container kann es dann komplett in Wasser oder Sand versenkt werden.
Brandgefahr durch E-Autos: Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es?
Ein brennendes Elektro-Auto zu löschen ist aufwändig, aber grundsätzlich kein Problem, so lange die Feuerwehr genug Zeit und Platz hat. Auf einer Autofähre, in einer Tiefgarage oder einem Parkhaus sieht das jedoch anders aus. Geraten gleich mehrere Autos an einem solchen Ort in Brand, wie es auf der "Fremantle Highway" der Fall sein könnte, endet dies meist in einer Katastrophe. Einheitliche Richtlinien für Schiffe, die Autos mit Lithium-Ionen-Akkus transportieren, gibt es trotz dieser Gefahr noch nicht. Den Reedereien ist es letztlich selbst überlassen, für die Sicherheit an Bord zu sorgen. Etwa durch Sicherheitsabstand zwischen E-Autos oder regelmäßige Kontrollgänge, um mögliche Rauchentwicklung frühzeitig zu entdecken.
Gerät tatsächlich ein Elektroauto an Bord eines Schiffes in Brand, ist das Löschen kaum möglich. Das zeigte auch der Brand auf dem Autotransporter "Felicity Ace" im vergangen Jahr. Auf dem Weg von Emden in die USA gerieten mehrere Elektroautos an Bord aus ungeklärter Ursache in Brand, nach fehlgeschlagenen Löschversuchen sank das Schiff schließlich auf den Meeresgrund. Während die norwegische Reederei Havila Kystruten seitdem keine Autos mit Lithium-Ionen-Akku mehr transportiert, lassen andere Schifffahrtsunternehmen zumindest keine E-Autos mit Unfallschäden an Bord. Die Diskussion dürfte durch die Vorfälle auf der "Fremantle Highway" wieder Fahrt aufnehmen.
In Deutschland sorgte ein Erlass der bayerischen Stadt Kulmbach in 2021 für Aufsehen. E-Autos und Hybrid-Autos wurde die Einfahrt in Tiefgaragen aufgrund der schwierigen Bekämpfung eines Brandes vor Ort verboten. Nachdem die Feuerwehr aber mit Löschdecken und einem Teleskoplader ausgestattet wurde, konnte das Einfahrverbot wieder aufgehoben werden. Das Amtsgericht Wiesbaden entschied kürzlich zugunsten einer Wohnungseigentümerin, der die Hauseigentümergemeinschaft das Parken in der Tiefgarage verbieten wollte. In Deutschland dürfen Elektro- und Hybridautos also weiter uneingeschränkt parken, angesichts dieser Urteile dürfte das auch künftig so bleiben.
Die Automobilindustrie selbst betreibt großen Aufwand, um die Batterien sicher im Unterboden der Autos zu verbauen, wo die Lithium-Ionen-Akkus auch bei einem Unfall bestmöglich vor Deformation und dem unter Umständen daraus resultierenden "Thermal Runway" geschützt sind. Mittelfristig könnten Feststoffbatterien die Lösung sein, die sich nicht nur schneller laden lassen, sondern auch deutlich weniger brandanfällig sind.
Grundsätzlich gilt es aber noch einmal festzuhalten: Elektroautos geraten seltener in Brand als Autos mit Verbrennungsmotor. Brände, denen kein Unfall vorausgeht, sind bei Autos mit Lithium-Ionen-Akku extrem selten. Besitzer:innen von Elektroautos und ihre Fahrgäste dürfen sich in ihren Autos sogar sicherer fühlen als in vielen anderen Modellen. Da E-Autos meistens noch recht neu sind, erfüllen sie höchste Sicherheitsstandards und haben aufgrund des niedrigen Schwerpunktes durch die Batterien ein geringeres Überschlagrisiko.
Noch mehr Informationen: Ist das Elektroauto das Fahrzeug der Zukunft?
Die wichtigsten Fragen zur Brandgefahr bei E-Autos:
E-Autos brennen seltener als Autos mit Verbrennungsmotor. Der amerikanische Versicherungsdienstleister AutoinsuranceEZ wertete im vergangenen Jahr Daten der US-Verkehrsbehörden aus und kam zu dem Ergebnis, dass von 100.000 Elektroautos lediglich 25 in Flammen aufgingen. Von 100.000 mit Benzin oder Diesel betankten Fahrzeugen brannten im untersuchten Zeitraum 1.530.
Einer Studie des amerikanischen Versicherungsdienstleister AutoinsuranceEZ zufolge brennen Hybridautos am häufigsten. 3.474 von 100.000 Hybridautos fingen laut der Studie Feuer, deutlich mehr als bei Verbrennern (1.530) oder Autos mit rein elektrischem Antrieb (25).
Das größte Brandrisiko besteht nach einem Unfall. Verformt sich das Batteriegehäuse und werden die Schutzmechanismen des Lithium-Ionen-Akkus beeinträchtigt, kann dies zu großer Hitze führen. Die Zellen der Batterie geraten dann in einer Art Domino-Effekt in Brand, es kann zum "Thermal Runway" kommen, bei dem die gesamte gespeicherte Energie freigesetzt wird.
Ja, in Deutschland gibt es keine Einschränkungen. Die bayerische Stadt Kulmbach hatte Elektro- und Hybrid-Autos zwischenzeitlich die Einfahrt in Tiefgaragen aufgrund der schwierigen Bekämpfung möglicher Brände verboten. Nachdem die örtliche Feuerwehr aber mit Spezialausrüstung versehen worden war, wurde das Einfahrverbot wieder aufgehoben.