Persönlichkeit
Was deine Stimme alles über dich verrät
- Veröffentlicht: 28.06.2024
- 05:00 Uhr
- Christian Stüwe
Wie unsicher, extravertiert oder traurig bist du? Das verrät deine Stimme. Mit ihr gibst du sehr viel über deine Persönlichkeit preis. Woran das liegt und wie du deine Stimme verändern und kontrollieren kannst.
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Was die Stimme verrät: Das Wichtigste zum Thema
Jeder Mensch hat einzigartige Stimme, so unverwechselbar wie ein Fingerabdruck.
Die Höhe oder Tiefe einer Stimme hängt zu großen Teilen von Größe des Kehlkopfes und der Stimmlippen ab.
Die Stimme verrät viel über dich. Andere Menschen können anhand deiner Stimme Geschlecht, Alter oder unsere Herkunft einschätzen.
Die Stimme und die Art, wie wir sprechen, lässt auch Rückschlüsse auf unsere emotionale Verfassung und sogar auf Krankheiten zu.
Inhalt
- Menschliche Stimme: So entsteht sie
- Ursachen für hohe oder tiefe Stimme
- Hohe oder tiefe Stimme: Was sagt das über die Persönlichkeit aus?
- Das verraten laute Stimmen, schnelles Sprechen und Sprechpausen
- Die Stimme und Emotionen oder Krankheiten: Wie hört sich das an?
- Kannst du deine Stimme verändern?
- Die wichtigsten Fragen zu: Was die Stimme verrät
Menschliche Stimme: So entsteht sie
Jeder Mensch hat eine andere Stimme. Sie ist so einzigartig wie das Aussehen eines Menschen oder sein Fingerabdruck.
Wie man redet, hängt von vielen Faktoren ab. Wo man herkommt, wie man erzogen wurde, ob man ein eher extro- oder introvertierter Mensch ist. Letztlich ist es auch eine Sache des Trainings, wie man spricht. Ob die Stimme hoch oder tief klingt, ist aber in erster Linie eine Frage der Anatomie des Menschen.
Maßgeblich für die Höhe oder Tiefe der Stimme ist die Größe des Kehlkopfs und der Stimmlippen. Die Stimmlippen sind zwei Schleimhaut-Falten, die sich in der Mitte des Kehlkopfs befinden. Die Stimmband-Muskeln bewegen die Stimmlippen und führen diese beim Sprechen zusammen. Zwischen den Stimmlippen befindet sich eine Öffnung, die als Stimmritze bezeichnet wird.
Durch die Stimmritze strömt Luft aus der Lunge und versetzt die Stimmlippen in Schwingung, wodurch es zur Stimmbildung kommt. Der Mund- und Rachenbereich dient als Resonanzraum, die Laute, Silben und Wörter werden mithilfe des Gaumensegels, der Zunge und der Zähne im Mund moduliert. Der Mund- und Rachenbereich hat deshalb neben Lunge und Kehlkopf entscheidende Bedeutung für den Klang der Stimme.
Ursachen für hohe oder tiefe Stimme
Während Kinder meist mit einer hohen, hellen Stimme sprechen, verändert sich die Tonlage in der Pubertät. Es kommt bei Jungen wie Mädchen zum Stimmbruch. Bei Jungen ist dieser allerdings deutlich ausgeprägter, da sie größere Mengen des Sexualhormons Testosteron produzieren, was dafür sorgt, dass Kehlkopf und Stimmlippen wachsen.
Der größere Kehlkopf und die größeren Stimmlippen sind der Grund, warum Männer in der Regel tiefere Stimmen haben. Kürzere Stimmlippen schwingen häufiger und klingen höher, weshalb Frauen meistens mit einer helleren Stimme sprechen oder singen.
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Hohe oder tiefe Stimme: Was sagt das über die Persönlichkeit aus?
Schon wenige Worte können darüber entscheiden, ob wir einen Menschen attraktiv, vertrauenswürdig oder sympathisch finden. Eine hohe oder tiefe Stimmlage lässt Rückschlüsse auf den Charakter eines Menschen zu, das haben verschiedene Studien belegt.
Je tiefer eine Stimme klingt, desto extravertierter und dominanter ist der Mensch in der Regel. Führungspersönlichkeiten sprechen oft mit einer tiefen Stimme, wir schenken ihnen instinktiv mehr Vertrauen. Auch bei der Partnerwahl spielt die Stimme eine große Rolle.
Menschen mit einer tiefen Stimme sind einer Studie zufolge sexuell aktiver, sie haben oft mehr Sexualpartner:innen – was unter Umständen auch mit dem Sexualhormon Testosteron zusammenhängen könnte, das für die Größe des Kehlkopfes eine entscheidende Rolle spielt. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge bevorzugen Frauen Männer mit tieferen Stimmen. Männer und Frauen sprechen automatisch in einer etwas tieferen Tonlage, wenn sie ihr Gegenüber von etwas überzeugen wollen oder attraktiv finden.
Im Gegenzug war es viele Jahre Stand der Forschung, dass Männer Frauen mit höheren Stimmen attraktiver finden, da eine hohe Stimme Weiblichkeit, Jugend, Schutzbedürftigkeit und Fruchtbarkeit symbolisiert.
Was zunächst einmal die Stimmen der Frauen betrifft, die in den letzten Jahrzehnten tiefer geworden sind. Biologische Gründe konnten Forscher:innen dafür nicht finden. Weshalb davon ausgegangen wird, dass die Emanzipation der Frau zu diesem Phänomen beigetragen hat.
Die Stimmen der Frauen könnte Studien zufolge sich also dadurch verändert haben, dass sie sich im beruflichen Umfeld mehr Respekt verschaffen wollen. Ein gutes Beispiel dafür ist die ehemalige britische Ministerpräsidentin Margaret Thatcher. Die "Iron Lady" senkte ihre Stimme durch hartes Training um eine halbe Oktave ab.
Eine tiefe Stimme steht also für Dominanz, Führungsstärke, Vertrauenswürdigkeit, emotionale Stabilität und sexuelle Attraktivität. Gleichzeitig wird sie aber auch mit Untreue in Partnerschaften assoziiert. Im Gegenzug deutet eine höhere Stimme auf Introvertiertheit, Zurückhaltung, Treue, emotionale Instabilität und einen allgemein eher nicht so durchsetzungsstarken Menschen hin.
In Stein gemeißelt sind diese Eigenschaften aber nicht. Von Karl dem Großen etwa ist überliefert, dass der politisch mächtige und körperlich große König des Fränkischen Reichs mit einer hohen Fistelstimme sprach. Ein weiteres häufig angeführtes Beispiel ist Mike Tyson. Der frühere Schwergewichts-Weltmeister im Boxen hat eine dominante Persönlichkeit, hat aber eine verhältnismäßig hohe Stimme und lispelt.
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Das verraten laute Stimmen, schnelles Sprechen und Sprechpausen
Jede und jeder kennt es. Man ist nervös, weil man beispielsweise einen Vortrag halten oder jemandem etwas Unangenehmes mitteilen muss. Plötzlich klingt die Stimme komisch, die Worte kommen nur noch stockend hervor. Unsere Stimme, die Art, wie wir sprechen, verrät, wie wir uns fühlen.
Wenn uns jemand anlügt, merken wir das häufig an der Stimme. Während viele Menschen ihre Mimik sehr gut kontrollieren und ein "Poker-Face" aufsetzen können, ist das bei der Stimme deutlich schwieriger. Die Stimme ist ein Spiegel unserer Emotionen, andere Menschen können am Telefon oft nach Sekunden erkennen, wie wir uns fühlen.
Veränderungen in Stimme und Sprache nehmen wir mit großer Sicherheit wahr. Je besser man einen Menschen kennt, umso besser funktioniert dieser Emotions-Sensor.
Es sind vor allem die vier Basis-Emotionen, Freude, Angst, Wut und Trauer, die sich auf deine Sprechweise auswirken. Wer Freude verspürt, spricht lauter, präziser und schneller, auf andere Menschen wirkt das mitreißend und leidenschaftlich.
Hat man Angst, spricht man leiser, undeutlicher und schneller, gleichzeitig macht man Pausen, stockt und ringt nach Worten. Bei Zuhörer:innen entsteht so der Eindruck von Unsicherheit, die Angst wird förmlich spürbar.
Redewendungen wie "Ich habe so einen Hals" gibt es nicht zufällig, die Emotion Wut hat das tatsächlich große Auswirkungen auf den Kehlkopf und die Art zu sprechen. Wut befähigt Menschen, besonders laut, scharf und schnell zu artikulieren. Die Tonlage wird in der Regel höher, die Sätze kürzer. Auf andere Menschen kann das bedrohlich, aber je nach Situation auch dominant und durchsetzungsstark wirken.
Trauer lässt die Stimme tiefer klingen, traurige Menschen sprechen monoton, leise und langsam. Bei Zuhörer:innen entsteht dadurch häufig der Wunsch, die sprechende Person zu trösten oder in den Arm nehmen zu wollen.
Auch Emotionen wie Ekel oder Überraschung lassen sich an der Stimme erkennen. Ein überraschter Mensch spricht ebenfalls höher und schneller, egal ob die Überraschung negativ oder positiv ist. Wer sich ekelt, spricht mit tieferer Stimme, presst die Worte hervor und artikuliert sich in kurzen Sätzen.
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Die Stimme und Emotionen oder Krankheiten: Wie hört sich das an?
Die niederländische Langsprinterin Femke Bol stellte Anfang März 2024 einen neuen Hallenweltrekord über die Distanz von 400 Metern auf. Zu einem viralen Hit auf TikTok und diversen Meme-Seiten wurde das Interview, das Bol unmittelbar nach dem Rennen gab. Denn die 24-Jährige hörte sich an wie Mickey Maus, als hätte sie Helium aus einem Ballon eingeatmet.
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Dass sich die Stimme je nach emotionaler Verfassung verändert, hängt ebenfalls mit den Stimmlippen zusammen. Bei traurigen Menschen schließen sich die Stimmlippen schneller, was für eine dumpfe, monotone Stimme sorgt. Bei Wut schließen sich die Stimmlippen schnell und impulsartig, was für die entsprechenden Laute sorgt.
Wenn eine Opernsängerin einen besonders hohen Ton singt, schwingen die Stimmlippen bis 1.000 Mal in der Sekunde. Bei einem tiefsprechenden Mann sind es 120 Schwingungen, bei einer Frau mit einer höheren Stimme rund 240 Schwingungen pro Sekunden.
Veränderungen in der Stimme lassen auch Rückschlüsse auf Krankheiten zu. Psychische Erkrankungen wie ADHS oder Depressionen haben sich in Versuchen mit hoher Treffsicherheit erkennen lassen, auch Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer oder die Lähmungserkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) lassen sich an der Stimme erkennen.
Depressive Menschen etwa sprechen wissenschaftlichen Studien zufolge monoton, langsam und machen dabei längere Pausen. Parkinson wird an einer leisen Stimme und einer undeutlichen Aussprache erkannt, Kinder mit ADHS hingegen sprechen sehr schnell und oft undeutlich.
Entsprechende Computer-Programme, die anhand von Sprachproben Diagnosen stellen können, gibt es bereits. Noch sind sie in der Erprobungsphase.
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Kannst du deine Stimme verändern?
Demosthenes gilt als einer der größten Redner des antiken Griechenlands und als ein gutes Beispiel, wie sehr man seine Stimme trainieren kann. Demosthenes war ein kränkliches Kind mit einer schwachen Stimme, dazu stotterte er. Um seine Aussprache zu trainieren, nahm er Kieselsteine in den Mund und übte seine Reden immer wieder. Er sprach gegen die rauschende Meeresbrandung an, um die Lautstärke seiner Stimme zu steigern.
Der Film "The King’s Speech" erzählt die wahre Geschichte des britischen Königs Georg VI., der sein Stottern überwand, um bedeutende Reden zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs zu halten.
Die Beispiele belegen, dass Sprachstörungen überwunden und die Stimme durch Training und Übungen verändert werden kann. Neben der Größe des Kehlkopfes und der Stimmlippen spielt die Muskel- und Körperspannung eine entscheidende Rolle, wie hoch oder tief sich eine Stimme anhört. Durch Entspannungs- und Atemübungen kann die Muskelspannung beeinflusst werden, im entspannten Zustand hört sich die Stimme tiefer und fester an.
Wie variabel eine Stimme tatsächlich sein kann, stellten die Synchron-Sprecher Harry Shearer und Dan Castellaneta, die zahlreiche Charaktere bei "Die Simpsons" sprechen, beim Besuch der Talkshow von Conan O’Brien unter Beweis: