Die Oligarch:innen: Russlands mächtige Elite
- Veröffentlicht: 24.03.2022
- 19:45 Uhr
- Sven Hasselberg
Bei den Oligarch:innen bündelt sich Macht und Geld. Wir erklären, wie sie zu ihrem Reichtum und Einfluss kamen und wie sie Putin im Krieg gegen die Ukraine jetzt beeinflussen könnten. Im Clip: der mächtige Putin-Clan.
Das Wichtigste zum Thema Oligarchen
Jachten, Villen, Fußballclubs, das Vermögen der Oligarch:innen beschert ihnen ein Luxusleben. Und was noch viel wichtiger ist: Macht. Hauptsächlich russische Unternehmer:innen, die aufgrund ihres Geldes Einfluss auf die Politik nehmen, gelten als Oligarch:innen. Mit wenigen Ausnahmen sind es Männer.
Viele Oligarch:innen haben ihr Vermögen im Westen in Immobilien angelegt oder auf Konten gebunkert. Versperren ihnen die Sanktionen den Zugang, trifft sie das empfindlich. Ihren Lebensstil wollen sie nicht aufgeben. Der Westen hofft, dass sie deshalb ihren Einfluss auf Präsident Putin nutzen.
Die Milliardäre Oleg Deripaska, Oleg Tinkow, Medienmogul Evgeny Lebedev und andere haben Putin ungewöhnlich scharf öffentlich kritisiert. Sie forderten ein Ende des Krieges in der Ukraine und eine Veränderung des gesamten russischen Systems.
Weg zum Reichtum: Nach dem Zerfall der Sowjetunion gelang es den Oligarch:innen, sich Anteile an Staats-Betrieben zu sichern, oft gegen Bestechung. Unter anderem verdienten sie an Diamanten, Öl und Gas. Einige wurden von Politiker:innen in Schlüssel-Positionen von Staats-Unternehmen gehoben.
Geben und Nehmen: Oligarch:innen müssen sich gegenüber Präsident Putin absolut loyal verhalten, um Geld und Macht zu behalten. Für sie gelten andere Gesetze. Andererseits haben auch sie wiederum großen Einfluss auf Putin.
Die Oligarch:innen - So kamen sie an ihr Geld
Im antiken Griechenland galt die Oligarchie als Staatsform, in der eine kleine Gruppe "gesetzloser" Reicher über die anderen herrschte. Dieser Begriff wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion übernommen, als sich auf deren Gebiet eine reiche Elite bildete. Unternehmer:innen aus dem Finanz-Sektor sicherten sich in den 90er-Jahren Anteile an Staats-Betrieben. Kriminelle Machenschaften spielten hier eine große Rolle. Auch in der Ukraine gibt es Oligarch:innen, im Unterschied zu Russland unterstützen sie aber verschiedene Politiker:innen und Parteien.
In Russland sind Wirtschaft und Staat durch die Oligarch:innen besonders eng vernetzt. Die Oligarch:innen "kaperten den Staat", oft durch Korruption. So halfen sie Präsident Boris Jelzin 1996 mit finanzieller Unterstützung im Wahlkampf erneut ins Amt. Er stand in ihrer Schuld. Putin folgte ihm 2000 ins Amt. Er ging vor allem gegen jene Super-Reiche vor, die andere politische Kräfte unterstützten.
Was passiert, wenn sich ein Oligarch von Putin abwendet, zeigt das Beispiel Michail Chodorkowskis, dem ehemaligen Vorstand eines Ölkonzerns. 2003 wanderte er wegen Steuer-Hinterziehung und Betrug 10 Jahre ins Gefängnis. Zwar sind Chodorkowski und sein Weg zu Geld und Macht ebenfalls umstritten, doch feststeht: Putin-Freunde, die die gleichen Praktiken anwendeten, blieben auf freiem Fuß. Mit solchen Schauprozessen versetzte Putin seine Gegner in Schrecken. Er "kaperte die Wirtschaft". Außerdem setzte er Vertraute aus Armee und Sicherheits-Kräften auf gut dotierte Posten in Staats-Betrieben.
Viele der Oligarch:innen brachten große Teile ihres Vermögens in den Westen, leisteten sich Luxus-Immobilien als Zweit-Wohnsitz. Indem sie dort Millionen in Unternehmen investierten, erhielten sie "goldene Visa", also Aufenthalts-Genehmigungen oder sogar die Staats-Bürgerschaft.
Besonders einfach gelang dies in Zypern, Malta und Großbritannien. Dadurch konnten die Oligarch:innen ihren Reichtum mehren und sicher vor Putin im Westen bunkern, sollten sie in Ungnade fallen. So haben sie nun rechtlich eine andere Stellung und einige Sanktionen können diesen vorausschauenden Oligarch:innen nichts anhaben. Denn als britische Bürger, dürfen sie natürlich reisen. Die Fotostrecke zeigt dir einige der bekanntesten Oligarche:innen und erklärt, was sie so besonders macht, und wie sie zu ihrem Geld kamen. Einige stehen persönlich auf der Sanktions-Liste, andere treffen die allgemeinen Sanktionen.
Bekannte Köpfe des Systems
Die Oligarch:innen: Russlands mächtige Elite
Druck auf Putin
"Das ist eine echte Krise und wir brauchen echte Krisen-Manager", forderte Oligarch Oleg Deripaska. Er sprach Putin damit die Fähigkeit ab, das Land zu regieren. Auch andere Oligarchen, die im Westen leben, haben Putin aufgefordert, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Teils schrieben sie offene Briefen in britischen Zeitungen, teils Rundschreiben an die Mitarbeiter:innen ihrer Firmen.
Einerseits darf man ihnen ihre humanitäre Motivation glauben, andererseits sehen Beobachtende darin Rache an Putin. Der hatte den Aufstieg einiger Oligarch:innen beendet, da sie in Ungnade gefallen waren oder er wollte ihre Macht zumindest beschneiden. Der Westen hofft nun, dass weitere Oligarch:innen folgen, die noch großen Einfluss auf Putin haben, und die den Druck erhöhen. Die Oligarch:innen haben nicht nur eine laute Stimme und finden als VIPs unter der russischen Bevölkerung Gehör. Ihr Geld finanziert wechselwirkend auch die russische Wirtschaft und somit das russische Leben und den Staat. Viele Politiker:innen, die nicht so hoch in der Hierarchie stehen, sind auf das Wohlwollen der Wirtschafts-Bosse angewiesen. Meist weist das Geflecht zwischen Politik und Wirtschaft kriminelle Züge auf. Korruption blüht. Ob sich weitere Oligarch:innen, die nicht politisch angeschlagen sind, gegen Putin stellen, ist abzuwarten.
Auch bisher Putin-treue Oligarch:innen lieben ihren westlichen Lebens-Stil, das Reisen und den Luxus. Die verhängten Sanktionen beschränken sie in ihrer persönlichen Freiheit und legen ihr Vermögen nicht nur auf Eis, sondern nehmen ihnen die Chance, neues Geld zu verdienen. Besitzt ein Oligarch oder eine Oligarchin beispielsweise eine Flug-Gesellschaft oder ein Unternehmen, das auf den Handel mit dem Westen angewiesen ist, bedeutet dies große finanzielle Einbußen. Die Emoji-Liste erklärt dir, wie die Sanktionen greifen.
So wirken die Sanktionen auf die Oligarchen
🧊 Einfrieren der Vermögen: Neben EU- und NATO-Partnern haben auch die Schweiz und Monaco nach einigem Zögern beschlossen, die Konten einiger Oligarch:innen einzufrieren. Gerade in diesen beiden Staaten leben viele von ihnen oder lagern dort ihr Geld. An das kommen sie nun nicht mehr ran.
🛩 Sperrung des Luftraumes: Damit ist es nicht nur russischen Kriegs- und Passagier-Flugzeugen oder Fracht-Maschinen unmöglich, Europa oder auch speziell Deutschland zu überfliegen. Die russischen Privat-Jets der Oligarch:innen sind ebenfalls davon betroffen. Diese kommen nicht mehr aus Russland heraus oder hinein. Auch in Häfen, die für russische Schiffe gesperrt sind, dürfen die Oligarch:innen-Jachten nicht mehr anlegen.
💸 Ausschluss von SWIFT: Da einige russische Banken vom internationalen Banken-Kommunikationssystem ausgeschlossen sind, ist ein Geld-Transfer nicht mehr möglich. Oligarch:innen, die Geld durch Geschäfte mit dem Westen machen, haben dazu keine Möglichkeit mehr.
📜 Name auf der Schwarzen Liste: Einzel-Personen können konkret auf die sogenannte "Schwarzen Liste" gesetzt werden. Für sie gelten dann zum Beispiel Einreise-Verbote in die EU oder ihnen werden bestehende Visa entzogen. Auch dürfen Firmen bestimmte Handels-Verträge nicht mehr mit ihnen abschließen oder sie beliefern. Es könnten nicht nur ihre Konten gesperrt, sondern auch andere Vermögens-Werte, wie Jachten oder Häuser, beschlagnahmt werden.
⚽ Ausschluss von Sport-Events: Weltweit schließen Verbände der unterschiedlichsten Sportarten russische Athletinnen und Athleten aus. Sie canceln geplante Turniere und Meisterschaften in Russland, kündigen Verträge mit russischen Sponsoren. Das kratzt auch am Image der Oligarchen:innen. Ihre Firmen können hier nicht mehr werben und sich in ein gutes Licht setzen. Das nimmt ihnen ein Marketing-Instrument, um damit mehr Kund:innen zu locken und mehr Geld zu verdienen.