Hohe Kosten, viel Kritik: Was du zur Fußball-WM in Katar wissen musst
- Veröffentlicht: 20.11.2022
- 13:45 Uhr
- Galileo
Am 20. November startet die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf der arabischen Halbinsel. Doch warum gerade Katar? Was erwartet Fußball-Fans dort und was bedeutet es für dich zu Hause? Wir haben die Antworten.
Die Fußball-WM 2022 in Katar
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 findet in Katar statt. Das Turnier mit 32 Ländern startet am 20. November mit dem Eröffnungsspiel Katar gegen Ecuador. Die Weltmeister-Mannschaft wird im Finale am 18. Dezember ermittelt. Die Spiele werden zwischen 11 Uhr und 20 Uhr deutscher Zeit angepfiffen.
Bereits bei der Vergabe 2010 war klar, dass die Sommer-Temperaturen in Katar mit 50 Grad zu hoch für Fußballspiele sind. Darum wurde 2015 entschieden, vom traditionellen Zeitpunkt Juni/Juli abzuweichen und die WM in den November und Dezember zu verlegen.
Deutschland hat sich unter Bundestrainer Hansi Flick für die WM qualifiziert und trifft in der Vorrunde auf Japan, Spanien und Costa Rica.
Das Land Katar liegt im Osten der arabischen Halbinsel und verfügt über 11.600 Quadratkilometer Fläche. Damit ist der Staat kleiner als das Bundesland Schleswig-Holstein mit seinen 15.800 Quadratkilometern.
Durch Öl- und Gas-Exporte besitzt Katar ein großes Vermögen: Mehrere Hundert Milliarden US-Dollar schwer ist der Staatsfonds "Qatar Investment Authority", über den sich das Land Beteiligungen an großen Unternehmen weltweit gesichert hat.
So kam die Fußball-WM nach Katar
2010 wurden vom Fußballweltverband FIFA die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 nach Russland und nach Katar vergeben. Vor allem die Wahl Katars war damals überraschend. Schließlich setzte sich das Land ohne eigene Fußballtradition gegen die Bewerbungen von USA, Japan, Südkorea sowie Australien durch.
Schon bei der Vergabe gab es den Verdacht, dass Korruption im Spiel gewesen sei. Durch Enthüllungen rund um die FIFA ist inzwischen klar: Es wurden Stimmen gekauft - auch die Mitbewerber Katars versuchten das wohl.
Mitten drin sind der damalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sowie der damalige Präsident der Europäischen Fußballverbände, Michel Platini. UEFA-Chef Platini soll auf Intervention von Sarkozy letztlich für Katar gestimmt haben, dafür war Katar bereit, den Fußballverein Paris Saint-Germain zu kaufen und viel Geld zu investieren.
Zahlen rund um die WM 2022 in Katar
💰 Bis zu 220 Milliarden US-Dollar - so viel Geld gab Katar nach Schätzungen von Front Office Sports für die WM aus. Zum Vergleich: Russland kostete die WM 2018 offiziell 11,6 Milliarden US-Dollar, bei Brasilien waren es 2016 etwa 15 Milliarden US-Dollar.
🚲 4,5 Kilometer beträgt die geringste Distanz zwischen zwei WM-Stadien in Katar. Maximal liegen zwei Arenen 55 Kilometer voneinander entfernt.
🏝 25 Grad werden im November in Katar erreicht, nur selten über 30 Grad. Im Sommer dagegen sind Temperaturen von 50 Grad und mehr der Normalfall.
🏗 Acht Stadien dienen als Spielstätten während der Fußball-WM. Sechs davon wurden extra für das Turnier errichtet. Teilweise werden die Stadien nach der WM zu Hotels umgebaut. Das Stadium 974 besteht aus 974 Schiffscontainern und wird als recyclebares Stadion nach der WM abgebaut und kann woanders neu errichtet werden.
Wie verdient die Fifa Geld?
Internationale Kritik an Katar
Die zahlreichen Baustellen werden von etwa zwei Millionen Gastarbeiter:innen vorangetrieben. Menschenrechts-Organisationen werfen Katar schlechte Arbeitsbedingungen, ausbleibende Lohnzahlungen und eingezogene Pässe vor.
Aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen und Ausbeutung sollen mehrere Tausend Gastarbeiter:innen ums Leben gekommen sein.
Auch bei Frauenrechten und LGBTQ+-Rechten steht Katar international stark in der Kritik. Frauen dürfen zahlreiche Aktivitäten nur mit Erlaubnis eines Vormundes wahrnehmen, Homosexualität wird bestraft.
Zwar werfen Menschenrechts-Organisationen Katar vor, Reformen gerade beim Arbeitsrecht zu langsam umzusetzen - dass es aber zumindest teilweise Fortschritte gab, erkennen zumindest einige Expert:innen an.
Warum ein Land aus dem Mittleren Osten die Fußball-WM ausrichtet
📈 Zahlreiche Länder weltweit betreiben Sportswashing: Sie versuchen, mit Sportveranstaltungen ihr Image zu verbessern. China und Russland richteten dafür beispielsweise die Olympischen Spiele aus.
🗣 Auch Katar versucht mit Sportswashing, sich abseits von Öl- und Gas-Förderung Aufmerksamkeit und ein besseres Ansehen aufzubauen. Gleichzeitig sichert sich Katar so gegen seine übermächtigen Nachbarn und Konkurrenten Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien ab.
🏆 2019 wurde die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in der katarischen Hauptstadt Doha ausgetragen. 2021 fand erstmals ein Formel-1-Rennen in Katar statt. Außerdem investiert Katar in den Fußballverein Paris Saint Germain und ist Sponsor unter anderem beim FC Bayern.
💸 Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Saudi-Arabien verfolgen diese Strategie: VAE sind Großinvestor bei Manchester City, Saudi-Arabien hat sich den ebenfalls englischen Fußballverein Newcastle United gekauft. Zudem richten beide weitere Sport-Großveranstaltungen aus - aber bisher nichts so Großes wie eine Fußball-WM.
Welche Rolle Greenwashing in Katar spielt
Unter Greenwashing versteht man, wenn ein Unternehmen versucht, sich in der Öffentlichkeit über einzelne Aktionen mit einer hohen Aufmerksamkeit ein umweltbewussteres Image zu geben.
Katar wirbt damit, eine Nachhaltigkeits-Strategie für die WM zu haben und eine klimaneutrale Veranstaltung zu planen. Expert:innen bezweifeln allerdings, dass die WM wirklich klimaneutral sein wird.
In fast allen Stadien sind Klimaanlagen verbaut, die die Innentemperaturen der Arenen auf etwa 22 Grad herunterkühlen sollen. Allerdings, wie auch bei jeder handelsüblichen Klimaanlage: sie verbrauchen viel Energie.
Zwar will Katar die Emissionen mit dem Pflanzen von Bäumen wiedergutmachen. Aber bei der klimatischen Lage des Landes benötigt es viel Wasser, um die Bäume wachsen zu lassen. Und dieses Wasser wird aus dem Meer entnommen und entsalzt - wieder mit viel Energie.
Außerdem wirbt Katar mit einer WM der kurzen Wege. Wenn allerdings Pendelflüge notwendig sind, um aus den Nachbarländern nach Katar zu Spielen zu fliegen, leidet die Klimabilanz.
Lusail Iconic Stadium: Hier wird das WM-Finale ausgetragen
Wie es für Fußball-Fans in Katar sein wird
🍻 Im muslimischen Land ist der Konsum von Alkohol eigentlich stark eingeschränkt. Zwar soll es in den Stadien wohl kein alkoholhaltiges Bier geben - dafür aber im Umfeld der Arenen.
💑 In Katar ist außerdem außerehelicher Geschlechtsverkehr verboten. Er kann auch mit Haft bestraft werden. Ebenso gesetzlich untersagt: Homosexualität. LGBTQ+-Tourist:innen sollten sich beim Zeigen von Zuneigung in der Öffentlichkeit zurückhalten, erklärte der Geschäftsführer des WM-Organisations-Komitees, Nasser Al-Khater.
💳 Die Stadien in Katar bieten zwischen 40.000 und 86.250 Zuschauern Platz. Kartenpreise liegen je nach Platzkategorie zwischen 60 Euro für Gruppenspiele und 1.417 Euro für das WM-Finale.
👥 Etwa 1,4 Millionen Besucher:innen erwartet das Land während der WM. Dabei sind die Hotelkapazitäten in Katar selbst beschränkt. Aus den Nachbarländern Saudi-Arabien, Oman und Dubai (VAE) sollen Fans zu den jeweiligen Spielen eingeflogen werden - geplant sind 160 Flüge pro Tag.
🎅 Auch für alle Fußball-Fans, die nicht nach Katar fliegen, wird es ungewohnt werden: Statt an langen Sommerabenden im Biergarten oder in Fan-Zones gemeinsam Fußball zu schauen, wird es im November für Public Viewing unter freiem Himmel vermutlich eher kalt. Und direkt nach dem Finale steht schon Weihnachten vor der Türe.