Haie, Robben und Seepferdchen - Arten-Revival in der Themse
- Veröffentlicht: 19.01.2022
- 07:45 Uhr
- Carina Neumann-Mahlkau
Haie vor London? Richtig gelesen - die Themse wurde vor 60 Jahren für biologisch tot erklärt, doch heute tummeln sich in ihr wieder zahlreiche Tiere. Erfahre mehr über die Renaissance der Arten-Vielfalt. Im Clip fischt ein Roboter Müll aus den Flüssen.
Das Wichtigste zum Thema Arten-Reichtum in der Themse
Die 346 Kilometer lange Themse fließt durch den Süden Englands und verbindet London mit der Nordsee. Nur wenige Kilometer außerhalb der Stadt mündet sie ins Meer.
Leben im Fluss: Einst trug die Themse den Namen "The Great Stink". Vor 65 Jahren, 1957, wurde sie sogar für biologisch tot erklärt. Nun gibt es Good News aus dem Tierreich.
Ein biologischer "Gesundheitscheck" der Themse überraschte die Forschenden der Zoological Society of London (ZSL): In der Flussmündung tummelt sich eine bisher unentdeckte reiche Arten-Vielfalt aus Robben, 92 Vogel- und 115 Fischarten - darunter seltene Seepferdchen, Aale und sogar 3 Hai-Arten.
Wir zeigen dir, wie sich die Themse vom stinkenden Abwasser-Kanal in einen artenreichen Lebensraum verwandelte - und welche Haie auch in Flüssen unterwegs sind.
Wie "The Great Stink" zum biologischen Hotspot wurde
Haie, Robben und Seepferdchen - Arten-Revival in der Themse
Sommer 1858: Ob Exkremente oder Industrie-Abfälle - alles landete damals in der Themse. Der Fluss stank während einer Hitzewelle so schrecklich, dass er auf den Namen "The Great Stink", "der große Gestank", getauft wurde.
Die Abgeordneten im Parlament hielten sich die Nase zu und tränkten die Vorhänge in Reinigungsmitteln. Immerhin: Nun beauftragte die Politik den Bau des Londoner Abwasser-Systems. Es senkte die Sterberate massiv und ist heute noch in Betrieb.
Der Fluss erholte sich aber nur langsam von den Folgen. Die Industrialisierung und der immer regere Schiffsverkehr setzten ihm zu. Bomben zerstörten im Zweiten Weltkrieg Teile des Londoner Kanalsystems, was "The Great Stink" zeitweise wieder heraufbeschwörte. 1957 galt das Gewässer als "biologisch tot".
Seitdem wurde das Abwasser-System erneuert, Säuberungen durchgeführt und mehr Umweltschutz eingeleitet. Zwar ist die Themse vom Klimawandel bedroht (jährlich steigt die Temperatur um 0,2 Grad) und manche Fisch-Populationen sind rückläufig - doch biologisch gesehen war der Fluss seit Jahrhunderten nicht mehr so gesund.
Haie, Robben, Seepferdchen - dieses bunte Leben tummelt sich in der Themse
Haie, Robben und Seepferdchen - Arten-Revival in der Themse
Können Menschen und Wildtiere in Städten koexistieren? Alison Debney kennt die Antwort
👩🔬 Alison Debney ist die Leiterin des ZSL-Erhaltungsprogramms für das Ökosystem Themse. Sie sagt:
💬 Unser Bericht zeigt, dass die Koexistenz von Menschen und Wildlife in einer Hauptstadt mit einem geschäftigen Wirtschaftszentrum sehr wohl möglich ist. Wir möchten, dass das auch in Zukunft so bleibt.
💬 Was wir uns wünschen, sind noch mehr größere Investitionen in die Verbesserung der Infrastruktur und folglich der Wasser-Qualität. Das kommt sowohl den Tieren, als auch uns Menschen zugute.
💬 Dadurch hätten wir einen noch schöneren Ort zum Leben, der zu mehr körperlichem und geistigem Wohlbefinden führt - und natürlich zu mehr Arten-Vielfalt.
Mhh, der Fischmarkt duftet aber - Robben auf Sightseeing-Tour
Manchmal nähern sich neugierige Robben dem Londoner City Center. Falls du bei deinem nächsten Besuch in Englands Hauptstadt auch zufällig Robben oder anderen Meeres-Säugetieren begegnest, ob in der Stadt oder außerhalb, kannst du das auf dieser Plattform den Forschenden mitteilen. Deine Sichtung trägt dann zur Erforschung der Säuger bei.
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London wird grüner
🚗 Als weltweit erste Stadt führte London 2019 eine "Ultra-Umwelt-Zone" ein. Im Stadtgebiet müssen ältere Benziner- und Diesel-Fahrzeuge für jede Fahrt in die Innenstadt circa 15 Euro Umweltabgabe zahlen. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu 2.000 Euro.
🌊 Londons Kanal-System wird zwar stetig erneuert, doch: Was einst für 2 Millionen Menschen erbaut wurde, muss mittlerweile knapp 9 Millionen Einwohner:innen standhalten. Die Folge: Immer wieder gelangt Abwasser in die Themse.
💪 Der 25 Kilometer lange "Thames Tideway Tunnel" soll unter der Themse verlaufen und das Abwasser ableiten, bevor es geklärt wird. Ab 2025 soll er den Fluss entlasten.
Hai, was machst du denn hier im Fluss?
Bei einer Bootstour durch London brauchst du dich nicht vor Haien zu fürchten. Die halten sich meist außerhalb des Stadtgebiets in der Flussmündung auf, zumal sie ans Salzwasser gewöhnt sind.
Anders sieht das aber im Amazonas, dem Mississippi, dem Ganges, in australischen Flüssen oder dem Nicaraguasee aus. Dort leben nämlich tatsächlich große, potenziell gefährliche Bullenhaie. Ob Salz- oder Süßwasser - die bis zu 3,5 Meter großen Prädatoren kommen mit beidem klar. Den Beweis wirbelte Zyklon "Debbie" 2017 aus einem Fluss im australischen Queensland. In Anspielung auf den gleichnamigen Action-Film, in dem ein Tornado Haie in die Straßen von L.A. spült, ging das Bild unter dem Hashtag "Sharknado" um die Welt.