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Gehirn-Forschung

Langzeit- und Kurzzeit-Gedächtnis: Wo speichern wir was wie lange ab?

  • Veröffentlicht: 02.02.2024
  • 11:00 Uhr
  • Sven Hasselberg

Schon wieder was vergessen? Dann kann es sein, dass dein Gehirn es falsch abgespeichert hat. Denn: Das Kurzzeitgedächtnis speichert Informationen nur wenige Minuten, das Langzeitgedächtnis ein Leben lang. Hier erfährst du, warum wir beide haben.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Sinnesorgane des Menschen nehmen Reize und Informationen auf. Das Gehirn muss diese verknüpfen und verarbeiten und vor allem entscheiden, welche davon gespeichert und welche vergessen werden können.

  • Das Gehirn sortiert einige Informationen ins Kurzzeit-Gedächtnis, wo sie für den Moment benutzt, aber nicht für länger abgespeichert werden. Dafür sind die Neuronen in der Großhirnrinde zuständig. Sie "betreiben" das Langzeitgedächtnis.

  • Das Langzeit-Gedächtnis funktioniert über einen Umbau der Nervenzellen, der sehr energieaufwendig ist. Das Gedächtnis kann sich im Schlaf aufbauen und Informationen gründlich einordnen.

  • Außerdem gibt es noch ein Arbeits-Gedächtnis, ein fotografisches Gedächtnis, ein episodisches Gedächtnis, ein Alt- und ein Neugedächtnis. Willst Du mehr über die Unterschiede wissen? Dann lies weiter.

Was ist das Gedächtnis?

Das Gedächtnis ist erst einmal ein abstrakter Begriff. Es gibt in unserem Hirn nicht die eine Stelle, an der das Gedächtnis sitzt, vielmehr arbeiten verschiedene Teile des Hirns zusammen, um das Speichern von Informationen zu ermöglichen. Die Nervenzellen, Neuronen, verknüpfen sich hierfür.

An diese Informationen sollen wir uns erinnern können – an einige länger, an andere kürzer. Hierbei kann es sich um praktische Dinge wie eine Telefonnummer handeln, aber auch um Handlungsabläufe, die wir kennen, seit wir klein sind. Das können Sätze in einem Gespräch sein, ebenso wie Töne, Düfte oder Geschmäcker – also nicht nur Bilder und Laute.

All diese Eindrücke werden codiert und in Form von Engrammen, den Gedächtnis-Spuren, im Gehirn, also dessen Neuronen, gespeichert. Das geschieht über biochemische Verbindungen, die auf ihrem Weg durch das Hirn eine gewisse Spur hinterlassen. Diese kann das Gehirn dann wieder abrufen. Denn dafür wurden Nervenzellen umgebaut

Dabei gelingt es Menschen einfacher, Informationen oder Reize abzuspeichern, die mit Emotionen verknüpft sind. Das können Dinge sein, die Spaß machen oder aber im negativen Sinne Angst bewirken. Denn es war im Laufe der Evolution zum Beispiel überlebenswichtig, dass sich der Mensch lange daran erinnert, vor welchem Raubtier er besser flüchten soll, oder dass die schlängelnde Bewegung einer Giftschlange Angst hervorruft.

Memory: Das Gedächtnis hilft dem Menschen, sich Dinge zu merken, sich zu erinnern und diese Erinnerungen abzurufen. Beim beliebten Spiel Memory erinnert sich das Gehirn daran, welche Bilder unter welcher umgedrehten Karte liegen und welche Karten dadurch zusammenpassen. Das Spiel ist ein gutes Mittel zum Gedächtnistraining.
Memory: Das Gedächtnis hilft dem Menschen, sich Dinge zu merken, sich zu erinnern und diese Erinnerungen abzurufen. Beim beliebten Spiel Memory erinnert sich das Gehirn daran, welche Bilder unter welcher umgedrehten Karte liegen und welche Karten dadurch zusammenpassen. Das Spiel ist ein gutes Mittel zum Gedächtnistraining.© picture alliance / dpa-tmn/ Benjamin Nolte
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Wie arbeitet das Kurzzeit-Gedächtnis?

Das Kurzzeit-Gedächtnis agiert mehr oder weniger im Moment. Einige sagen, es speichert bis zu 40 Sekunden lang Informationen ab, andere dehnen es auf wenige Minuten aus.

Ihm ist noch das Ultra-Kurzzeit-Gedächtnis, auch sensorisches Gedächtnis genannt, vorgeschaltet. Das ist die Sekunde, in der ein Reiz zum Beispiel durch das Sehen oder Hören wahrgenommen, aber noch nicht verarbeitet wird.

Gelangt die Information ins Kurzzeit-Gedächtnis, findet die erste Verarbeitung statt. Das hilft dem Menschen unter anderem, sich einen Satz zu merken, bevor er diesen aufschreibt, oder in einem Gespräch schnell zu antworten. Allerdings kann die Information, wenn sie als unwichtig erscheint, wir sie nicht bewusst einordnen, sofort wieder vergessen werden.

Als Sieb im Gehirn agiert hier das limbische System, es entscheidet, ob die Informationen an die Großhirn-Rinde weitergegeben werden und somit ins Langzeit-Gedächtnis dürfen.

Als Zwischenschritt gibt es hier noch das Arbeits-Gedächtnis. In diesem werden also die Informationen verarbeitet. Sie werden für die Lagerung im Langzeit-Gedächtnis vorbereitet. Auch können Informationen aus dem Langzeit-Gedächtnis abgerufen und hier erneut umgebaut werden, wenn wir neue Informationen zu einem Thema bekommen oder feststellen, dass wir etwas Falsches abgespeichert hatten.

Was merken wir uns im Langzeitgedächtnis?

Schafft es ein Reiz, eine Information ins Langzeit-Gedächtnis können Menschen sich daran sehr lange erinnern. Die Dauer und auch die Anzahl der Erinnerungen sind in der Theorie erst einmal unbegrenzt.

Hier speichert der Mensch wichtige Termine ab, Geburtstage, aber auch die Bedeutung eines Verkehrsschildes, den Inhalt eines guten Buches, aber auch Arbeitsabläufe, den Stoff für die Geschichts-Klausur, Namen oder in welcher Reihenfolge er die Kleidung anzieht und wie er sich die Schuhe bindet.

All diese Informationen zu speichern, ist sehr energieaufwendig. Deshalb ist das Kurzzeit-Gedächtnis vorgeschaltet. Denn das Hirn entscheidet, für welche Informationen sich der Energie-Aufwand lohnt. Um die Nervenzellen so umzubauen, dass die Speicherung im Langzeit-Gedächtnis funktioniert, muss der Körper Eiweiß-Moleküle produzieren.

Das kann unterschiedlich lange dauern, oft werden aber rund 24 Stunden angegeben. Besonders wichtig ist die Nacht. Denn im Schlaf hat der Körper genügend Zeit und wenig Ablenkungen, um diese Umbauten und somit die Speicherung durchzuführen.

Rufen Personen ihre Erinnerung dann wieder ab, decodieren sie im Hirn die abgelegten Erinnerungen. Das passiert, in dem das Gehirn die Spur durch das Gehirn zurückverfolgt. Die Fähigkeit der Erinnerung, was sowohl Anzahl als auch Dauer angeht, kann aber gestört werden. Gründe können unter anderem Stress, Umwelteinflüsse, das Alter oder auch Krankheiten wie Demenz sein, die zu einem Gedächtnisverlust führen.

Auch können Erinnerungen verfälscht sein. Das liegt daran, dass unsere Sinne sie unter erhöhtem Stress wahrgenommen haben, überrascht wurden oder auch verwandte Erinnerungen falsch verknüpfen, Dinge verwechseln. Dieses Phänomen kennt man von falschen Augenzeug:innen-Berichten. 

Großhirn: Die Nervenzellen in der Großhirnrinde helfen beim Speichern von Erinnerungen. Das Foto zeigt eine Mikroaufnahme in der Vergrößerung 100:1. Die Erinnerungen legen dabei einen unterschiedlichen Weg durch verschiedene Teile des Gehirns zurück.
Großhirn: Die Nervenzellen in der Großhirnrinde helfen beim Speichern von Erinnerungen. Das Foto zeigt eine Mikroaufnahme in der Vergrößerung 100:1. Die Erinnerungen legen dabei einen unterschiedlichen Weg durch verschiedene Teile des Gehirns zurück. © picture-alliance / OKAPIA KG, Germany/ Norbert Lange
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Welche Gedächtnis-Arten gibt es und wie unterscheiden sie sich?

📖 Deklaratives Gedächtnis: Es ist eine Unterkategorie des Langzeit-Gedächtnisses. Hier wird "explizites Wissen" gespeichert. Darum heißt es auch explizites Gedächtnis. Hier speichern Personen das Wissen, das sie bewusst abrufen oder auch verbalisieren können. Dazu zählen bestimmte Ereignisse im Leben oder auch gelernte Fakten.

🗽 Semantisches Gedächtnis: Das Semantische Gedächtnis ist wiederum Teil des Deklarativen Gedächtnisses. Es ist für das Bedeutungswissen zuständig. Hier merkst du dir die Bedeutung von Wörtern oder Namen oder wozu ein bestimmter Gegenstand dient. Auch das Faktenwissen gehört dazu: Die Freiheitsstatue steht in New York.

👰‍♀️ Episodisches Gedächtnis: Auch das ist ein weiterer Teil des Deklarativen Gedächtnisses. Es speichert Episoden aus Deinem Leben ab. Persönliche Erfahrungen und den Kontext, in dem sie gemacht wurden. Es verknüpft Ereignisse und Lerninhalte mit dem persönlich Erlebten. Zum Beispiel kann die Erinnerung an das letzte Weihnachten oder eine Hochzeit dazu gehören.

🪥 Prozedurales Gedächtnis: Es ist nicht Teil des Deklarativen Gedächtnis, sondern besteht neben diesem als Teil des Langzeit-Gedächtnisses. Es erinnert sich an das Handlungswissen. Hier werden nicht explizit gelernte Inhalte gespeichert, sondern eher unbewusste Handlungen, Gewohnheiten, Verhaltensweisen. Du kennst zum Beispiel die Reihenfolge deiner Morgenhygiene oder aber auch erlernte Abläufe beim Schwimmen.

📸 Fotografisches Gedächtnis:  Es handelt sich eher um eine Definition für die Leistung des Gedächtnisses. Es wird auch Eidetisches Gedächtnis genannt. Der Kopf macht sozusagen ein exaktes Foto und legt dieses als Speicher ab, wenn die Augen eine Situation oder auch einen Text oder eine Zahlenreihe sehen. Die Erinnerung ruft dieses mental eingebrannte Foto dann ab und kann es wieder betrachten, "merkt" sich also so die Zahlen, ohne die Reihe mühsam auswendig zu lernen. Die Wissenschaft definiert ein fotografisches Gedächtnis nicht genau, der Begriff ist eher umgangssprachlich und wird verschiedenen Menschen als Talent nachgesagt. Immer wieder zweifeln Forschende diese Gabe auch an.

🚑 Alt- und Neugedächtnis: Diese Unterscheidung wird bei Menschen mit Gedächtnisverlust herangezogen. Erleidet ein Patient, etwa durch einen Unfall, eine Schädigung des Gehirns und damit auch einen Verlust der Erinnerungen, gibt es das Altgedächtnis. Es bewahrt noch Erinnerungen, die vor dem Unfall gespeichert wurden. Das kann zum Beispiel Schulwissen sein. Das Neugedächtnis beinhaltet die aktuellen und damit neu- oder wiedergelernten Erinnerungen nach dem Unfall.

Häufige Fragen zum Kurzzeit- und Langzeit-Gedächtnis

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