Medizin 4.0 - autonome Exoskelette, ferngesteuerte OPs und intelligente Implantate
- Veröffentlicht: 22.08.2021
- 19:45 Uhr
- Galileo
OPs über Skype, autonome Exoskelette und Roboter als Assistenten - was nach Science-Fiction klingt, wird in der Medizin bereits eingesetzt. Wie genau die moderne Technik funktioniert und welche Neuheiten in Planung sind, erfährst du hier.
Das Wichtigste zum Thema Medizin 4.0
Die Medizin erlebt zurzeit vor allem in 3 Bereichen einschneidende Veränderungen: Monitoring durch Wearables, Diagnostik durch maschinelles Lernen und Entwicklung von Medikamenten durch computerbasierte Prognosen.
Außerdem hat das neue 5G-Netz Auswirkungen auf den Klinik-Alltag: Chirurginnen und Chirurgen können nun aus Tausenden Kilometern Entfernung eine OP leiten.
Und der Mensch kommt dem Cyborg immer näher: Mit modernen Prothesen, Implantaten sowie dem Bio-Hacking.
Derzeit entwickeln Forschende ein autonomes, KI-gesteuertes Exoskelett für Menschen mit Gehbehinderungen. Mehr dazu weiter unten.
Was soll da noch kommen? Jede Menge: Intelligente Implantate, Hörkontaktlinsen und menschliche Genmodifikation könnten die nächsten Meilensteine sein.
Wie sieht die Medizin von morgen aus? Wir klären es im Galileo-Podcast
Externer Inhalt
So viel Cyborg ist heute schon machbar
Medizin 4.0 - autonome Exoskelette, ferngesteuerte OPs und intelligente Implantate
Body-Hacking - Bist du noch Mensch oder schon Maschine?
Dank KI-gesteuertem Exoskelett können Menschen sich freier bewegen
👨🔬 Forschende der kanadischen University of Waterloo entwickeln derzeit ein autonomes, durch KI-gesteuertes Exoskelett für Menschen mit Gehbehinderung.
💡 Das Besondere: Das neue Exoskelett ist so smart, dass es in verschiedenen Situationen selbstständig und intuitiv handelt.
😃 Der Trägerin oder dem Träger müssen hierfür also keine Elektroden in den Körper eingepflanzt werden, wie es bisher meist der Fall war.
🦽 Menschen, die krankheitsbedingt auf einen Rollstuhl angewiesen waren, können mit dieser Innovation wieder laufen.
🚶 Brock Laschowski, Leiter des Forschungsprojekts, sagte in einem Interview mit "The Register": "Unser Kontrollansatz würde nicht unbedingt menschliches Denken benötigen. Ähnlich wie bei autonomen Autos, die selbstständig fahren, entwickeln wir autonome Exoskelette, die selbst laufen."
Was ist heute noch alles möglich?
🎮 Ferngesteuerte Operationen
An 2 Orten gleichzeitig sein? Eigentlich unmöglich. Aber die 5. Generation des Mobilfunkstandards ermöglicht Datenübertragungen praktisch in Echtzeit. Statt 8 Sekunden Übertragungszeit, dauert es mit 5G gerade einmal 0,2 Sekunden.
Dadurch kann eine Chirurgin oder ein Chirurg zum Beispiel in den USA sein und zeitgleich eine OP in Hamburg leiten. Die Uni-Klinik in Barcelona testet bereits ein 5G-basiertes System. Erfolgreich.
🤖 Da Vinci im OP-Saal
Keine Angst, die Forscher:innen haben dafür nicht den alten Maler wiederbelebt. Gemeint ist ein Roboter, der die Chirurgie unterstützt: das "Da Vinci Surgical System".
Über einen Bildschirm sehen die Mediziner:innen dabei ein vergrößertes Bild des Einschnittes, sie können also deutlich präziser arbeiten. Das Skalpell steuern sie über eine Art "Roboter-Gelenk", als hätten sie es tatsächlich in der Hand.
An der Uni-Klink Düsseldorf ist Da Vinci schon im Einsatz, mit vielen Vorteilen: weniger Blut, weniger Schmerzen nach der OP und damit auch weniger Tage im Krankenhausbett.
⌚ Dauerdiagnostik
Wearables wie Smartwatches nehmen dem Personal betreuungsintensive Arbeit ab wie die Beobachtung chronischer Krankheiten und die Überwachung von Vitalwerten.
Vor allem in der Pflege ist eine 24/7-Beobachtung der Patientinnen und Patienten wichtig. So nutzen zum Beispiel Wohngemeinschaften für Demenzkranke solche Wearables.
🌿 Regenerative Medizin
Natürliches Gewebe von Tieren oder Menschen in eine Wunde eingesetzt, fördert die Wundheilung. Das Risiko: Bei der Transplantation können auch Allergene oder Krankheitserreger mitwandern. Zumindest noch.
Erste Firmen gewinnen bereits Gewebe aus Pflanzen, das identisch mit dem menschlichen ist. Eine besonderes Reinigungsverfahren garantiert zudem, dass kein Keim mehr in die Wunde kommt.
💻 KI als digitaler Assistent
Künstliche Intelligenz (KI) hilft den Überblick über all die endlosen Mengen an Daten in Krankenhäusern zu behalten. Sie kategorisiert Daten und durchsucht diese in Sekundenschnelle.
Erste Algorithmen werden schon trainiert, Diagnosen anhand von CT-Scans zu erstellen. Allerdings wird die KI menschliche Mediziner:innen erstmal nicht ersetzen, denn die Diagnose stellt einzig und allein ein Mensch.
Was für Sensationen hält die Zukunft bereit?
Intelligentes Implantat
Ein Implantat, das aktiv die Heilung beschleunigt. Daran forschen gerade Professor Tim Pohlemann und sein Team an der Universität des Saarlandes.
So geht's: Das Implantat überwacht beispielsweise den Knochenbruch rund um die Uhr und bewegt sich je nach Bedarf. Vereinfacht gesagt: Der Zweck des Implantats ist es, permanent die perfekte Krankengymnastik bereitzustellen. 2025 soll der Prototyp fertig sein.
Kontaktlinse fürs Trommelfell
Die Hörkontaktlinse, die von Forscher:innen des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) entwickelt wurde, sitzt wie eine Kontaktlinse auf dem Trommelfell.
Dadurch ist sie von außen nicht sichtbar und bietet einen besseren Klang. Die Hörkontaktlinse ist für rund 85 Prozent aller Schwerhörigen geeignet. Ab 2021 soll sie in Deutschland verfügbar sein.
Gen-Schere (Crispr)
Die sogenannte Gen-Schere gibt es schon: Mit dem Mechanismus Crispr/Cas9 (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) können Wissenschaftler:innen DNA-Bausteine hinzufügen, stilllegen oder entfernen. Auch beim Menschen.
Ende 2018 behauptete ein chinesischer Forscher, das Erbgut von Zwillingen gezielt bearbeitet zu haben. Aus Gründen wie diesen ist die Crispr-Maßnahme sehr umstritten: Ist es ethisch und moralisch vertretbar, Erbgut nach Wunschvorstellungen zu verändern?
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Gesundheitsforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
Vom BMBF geförderte Forschung im Bereich Digitalisierung in der Medizin