Mumien: So löst moderne Technik die Rätsel der alten Ägypter
- Veröffentlicht: 27.01.2023
- 19:45 Uhr
- Sven Hasselberg
Die moderne Technik ermöglicht spannende Einblicke in das vergangene Leben von Mumien. Wir erklären dir alles über Mumien - und wie Forschende den Toten Tausende Jahre später ihre letzten Geheimnisse entlocken.
Das Wichtigste zum Thema Mumien
In der ägyptischen Begräbnisstätte Sakkara wurde kürzlich die wohl älteste Mumie des Landes entdeckt. Der Fund stammt aus dem Jahr 2.500 vor Christus. Bereits 2020 wurden dort 200 Sarkophage von hohen Beamten und sogar einer Königin ausgegraben.
Durch DNA und Grab-Beigaben erzählen Mumien den Archäolog:innen noch heute die Geschichte ihres Lebens.
Viele alte Kulturen auf verschiedenen Kontinenten haben Tote aus religiösen Gründen mumifiziert. Mit Techniken wie der Entnahme von Organen und auch der Einbalsamierung wurden sie auf das Leben nach dem Tod vorbereitet.
Manche Mumien wurden nicht absichtlich konserviert. Manchmal spielte die Witterung in der Gruft eine Rolle, andere blieben zufällig im Eis, Moor oder Salz erhalten. Unten erfährst du mehr über berühmte Funde und was Forscher daran wie über die Lebensweise unserer Vorfahren ablesen können.
Neue Ausgrabung: Die vielleicht älteste ägyptische Mumie liegt in Sakkara
Bereits 2.500 vor Christus bestatteten die das ägyptische Volk seine Toten in der 20 Kilometer von Kairo entfernten Totenstadt Sakkara - einige in Pyramiden, andere in Grabkammern unter der Erde. Dort haben Forschende jetzt vier neue Gräber und eine goldverzierte Mumie gefunden.
In 15 Metern Tiefe hat das Team aus einem der Gräber einen verschlossenen Sarkophag aus Kalkstein geborgen. Darin: Die vermutlich älteste und besterhaltene Mumie Ägyptens. Es handelt sich um die sterblichen Überreste eines Mannes, der vor über 4.300 Jahren gelebt hat.
Weitere spektakuläre Funde in Sakkara
Im Oktober 2020 fanden Forschende in zwölf Meter tiefen Schächten gut 160 Sarkophage von hohen Beamten. Im Januar 2021 bargen sie dann den Sarkophag der bisher unbekannten Königin Naert und weitere Särge ihres Gefolges.
Die alten Ägypter und andere Völker mumifizierten ihre Toten, um sie für das Leben nach dem Tod vorzubereiten. Organe wurden entnommen, Muskeln entfernt, der Leichnam geräuchert und balsamiert. Alles Techniken, um Bakterien daran zu hindern, Leichen zu zersetzen.
Die Toten wurden teilweise so gut konserviert, dass Archäologen heute die Lebensweisen dieser früheren Kulturen rekonstruieren können. Oft gibt es, wie in Sakkara, kostbare Grab-Beigaben - darunter Schriften, Statuen, Streitwagen, Vorratsgefäße, Brettspiele oder sogar Mumien von Tieren wie Katzen oder Löwen. All das sagt viel über die damalige Lebensweise, Religion oder den Stand der begrabenen Person aus.
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Der "Goldjunge" - 2.300 Jahre alte Mumie durchleuchtet
Neue Einblicke erhielten Wissenschaftler:innen auch durch den sogenannten "Goldjungen". Diese Mumie wurde 1916 entdeckt, aber nie geöffnet. Bei einer Untersuchung der über 2.300 Jahre alte Mumie mit Computertomografie (CT) wurden nun 49 Amulette entdeckt. Die beigelegten Amulette wurden wohl aus Gold, Halb-Edelsteinen, gebranntem Ton und Keramik hergestellt. Unter anderem wurde ein Gold-Amulett als Zunge beigelegt. Die meisten Organe fehlen, nur das Herz ist verbleiben. Der Tote soll zudem eine vergoldete Maske und einen Brustpanzer tragen.
Die Forscher:innen gehen davon aus, dass der "Goldjunge" im Alter zwischen 14 und 15 Jahren gestorben ist. Seine Körpergröße beträgt gerade einmal 127,7 Zentimeter. Durch die reichhaltigen Grab-Beigaben wird davon ausgegangen, dass er einen hohen gesellschaftlichen Stand hatte. Der "Goldjunge" hat vermutlich um 330 vor Christus gelebt.
Die Mumie soll in dem neuen "Gizeh Museum" in Kairo, auch "Großes Ägyptisches Museum" genannt, einen Sonderplatz bekommen - zusammen mit einigen der CT Scans. Die Eröffnung des Museums ist für 2023 geplant.
Die Mumie des "Goldjungen" im CT-Scan
Mumien: So werden sie untersucht
Menschliche Mumien werden wie von einer Ärztin oder Arzt untersucht. Teilweise können noch DNA-Proben entnommen werden. Anhand des Erbguts können wir verstehen, wie die Menschen damals aussahen, wie groß sie waren oder wie Haut- und Augenfarben aussahen.
Auch interessant: Anhand der ägyptischen Mumien konnten Forschende entschlüsseln, dass das Erbgut der alten Ägypter mehr mit dem der Völker rund um das Mittelmeer gemein hatte und weniger mit dem der Völker aus den Sub-Sahara-Gebieten.
Andere Untersuchungen ergaben, an welchen Krankheiten die Menschen damals litten. Viele hatten Arterien-Verkalkung. Manche Mumien geben sogar ihre Todesursache preis. Starben sie eines natürlichen Todes oder wurden sie umgebracht?
Auch die Ernährungsweise kann analysiert und mit konservierten Nahrungsresten im Grab abgeglichen werden.
Willst du mehr über die komplizierte ägyptische Technik der Mumifizierung wissen und warum die alten Ägypter ihre Verstorbenen so vorbereiteten? Dann sieh dir das folgende Video an.
Zufall oder Unfall? Natürliche Mumien
Oft finden Archäolog:innen auch Mumien, die ohne Absicht erhalten blieben. Sie wurden nicht aus religiösen Gründen konserviert, sondern in einem Umfeld bestattet, in dem Witterung, Luftfeuchtigkeit und andere Faktoren optimal waren, den Körper zu erhalten.
Bei den sogenannten Wachsleichen zum Beispiel herrschte im Sarg oder der Gruft Sauerstoffarmut und stoppte die Verwesung. Auch die Kleidung der Toten kann den Effekt hervorrufen.
Andere kamen vielleicht bei einem Unfall ums Leben und wurden von der Natur konserviert. Klassisches Beispiel sind die Moorleichen. Moore sind sauerstoffarm, Deshalb zersetzen sich die Leichen darin viel langsamer.
Seltener gibt es Mumien, die sich in besonders salzigen Böden, Stollen oder Grotten erhalten haben. Das Salz dringt ins Gewebe ein und stoppt den Fäulnis-Prozess.
Auch im Wüstenboden hilft die extrem trockene Umgebung, die Toten zu konservieren. Das ewige Eis wie das eines Gletschers, hat ebenfalls schon Mumien freigegeben. Sie wurden dort über Jahrtausende "gefriergetrocknet".
Auch diese oft mitten aus dem Leben gerissenen Menschen tragen oft Zufalls-Grab-Beigaben mit sich. Denn Kleidung, Taschen, Waffen, Werkzeuge, Schmuck, aber auch Samen oder andere Nahrungsmittel, die sie am Tag ihres Todes bei sich hatten, sind oft ebenfalls erhalten. Forscher können dann mithilfe dieser Gegenstände Rückschlüsse auf das Leben der Toten ziehen.
8 berühmte Mumien
🌞 Tutanchamun: Der ägyptische Pharao starb zwischen 1320 und 1330 vor Christus. Entdeckt wurde seine Mumie 1922 im Tal der Könige Nähe Luxor. Bei seinem Tod war er rund 20 Jahre alt, und die Knochen weisen mehrere Brüche auf. Im Grab befanden sich Möbel, Waffen und ein wahrer Goldschatz, der zur Berühmtheit der Mumie beitrug. Darunter sind: ein goldener Sarg, ein goldener Thron und auch die bekannte gold-blaue Totenmaske mit Lapislazuli um die Augen.
🏔 Ötzi: Ein wanderndes Ehepaar fand die berühmteste Gletscher-Mumie 1991 in den Ötztaler Alpen. Rund 5.300 Jahre alt, gilt er als älteste natürliche Mumie. Er hatte ein Schädel-Hirn-Trauma und Karies sowie Parodontose, soll unter Gallensteinen und Borreliose gelitten haben und war wohl Laktose-intolerant. Ötzi trägt die weltweit ältesten Tätowierungen und wurde mit Kleidung, Pfeil und Bogen, Feuerstein und Rückentrage gefunden.
🩺 Rosalia Lombardo: Die spanische Grippe raffte das zweijährige Mädchen 1920 dahin. Die angeblich "schönste Mumie der Welt" liegt noch heute in der Kapuzinergruft von Palermo. Sie ist so gut erhalten, weil ihr Vater einen Chemiker extra beauftragt hatte, sie zu konservieren. Ein spezielles Gemisch aus Alkohol, Formalin, Glyzerin, Salicylsäure und Zinksulfat sorgt noch heute dafür, dass der Körper im Glas-Sarg ausgestellt wird.
💔 Detmolder Kinder-Mumie: Eigentlich stammt das Baby aus Peru. Aber da die Mumie im Lippischen Landesmuseum landete, trägt sie diesen Namen. 6.500 Jahre alt, ist sie eine der ältesten Mumien der Welt. In Leinen gewickelt und mit einem Amulett um den Hals, wurde der rund zehn Monate alte Säugling bestattet. Das Baby starb an einem Herzfehler, soll aber auch an Tuberkulose oder Lungenentzündung gelitten haben
👨🦰 Der rote Franz: Die Torfmumie aus Niedersachsen verdankt ihren Namen den roten Haaren. Diese färbten sich aber erst durch das saure Moorwasser. Er war 1,80 Meter groß, zwischen 25 und 30 Jahre alt und starb grausam: Ein Schnitt durch die Kehle tötete ihn. Franz stammt aus dem 3. bis 4. Jahrhundert nach Christus, gefunden wurde er 1900 und ist auch als "Mann von Neu Versen" bekannt.
🛸 Ata: Die Mumie aus der chilenischen Atacama-Wüste riss viele zu Verschwörungstheorien hin. Ihr deformierter Kopf ließ einige glauben, sie sei ein Alien. Eine DNA-Analyse bestätigte jedoch, dass das nur 15 Zentimeter große Skelett menschlich ist. Es handelt sich um eine Frühgeburt. Nicht überlebensfähig, starb das Mädchen wohl vor rund 40 bis 50 Jahren. Gefunden wurde es 2003.
🥢 Die Marquise von Dai: Auch "Lady von Dai" genannt, hieß die Adelige eigentlich Xi Zhui. Sie starb stark übergewichtig 160 vor Christus an einem Herzleiden. Die meisten Grab-Beigaben waren Speisen, Rezepte, Geschirr. Das Grab wurde 1971 entdeckt. Die Mumie gilt als die am besten erhaltene der Welt. Sie lag in Seide gewickelt in einer balsamierenden Flüssigkeit in lackierten Holzsärgen. In ihren Adern soll Blut entdeckt worden sein.
🧂 Der Salzmann aus dem Iran: 1994 wurde der erste Salzmann nahe Zandschan im Norden des Landes gefunden. Es folgten sieben weitere. Die Bergleute arbeiteten beim Salzabbau, als sie im Stollen verschüttet wurden. Der erste Salzmann stammt aus der Zeit um 600 nach Christus, andere sind bis zu 1.000 Jahre älter. Sie gelten als die einzigen Salzmumien, die so gut erhalten sind, dass sie untersucht werden können.