Ernährung
So gesund ist Milch wirklich
- Aktualisiert: 04.06.2024
- 05:34 Uhr
- Alena Brandt
Milch von Kühen ist beliebt, steht aber immer wieder in der Kritik. Angeblich macht sie krank und ist unverträglich. Alles nur Mythen oder ist an der Hysterie etwas dran? Was wirklich dahintersteckt, wie viel du davon trinken darfst und was die Wissenschaft dazu sagt.
Lust auf mehr "Galileo"?
➡ Schau dir jetzt auf Zappn die neueste Folge an
Das Wichtigste in Kürze
Joghurt, Käse und Milch in Maßen sind gesund. Mehr als 400 Gramm Milchprodukte pro Tag sollten es aber nicht sein.
Menschen trinken schon seit tausenden Jahren Kuhmilch. Mit der Evolution verbesserte sich die Verträglichkeit.
Milch ist besser als ihr Ruf. Sie enthält wichtige Nährstoffe, ist unbedenklich fürs Herz und macht auch nicht per se dick.
Ob Milch das Krebs-Risiko senkt oder steigert, ist von der Krebsart abhängig.
Wie viel Kuhmilch pro Tag ist gesund?
Auch ohne Milch überlebt der Mensch. Da zeigt das Beispiel vieler Kulturen, in denen Milchkonsum nicht verbreitet ist. Aber: Milch verfügt tatsächlich über wichtige Inhaltsstoffe, die zu einer gesunden Ernährung beitragen können. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Empfehlungen zum Milchverzehr erstellt:
- Empfohlen ist der tägliche Verzehr von Milch und Milchprodukten wie Joghurt und Käse.
- Milch und Milchprodukte liefern gut verfügbares Protein, Vitamin B2 und Kalzium. Auch Folat, Magnesium, Phosphor und Jod sind enthalten.
- Höchstens zwei Portionen mit zusammen 400 Gramm Milch pro Tag sollten es sein. Zuvor lag die Empfehlung bei drei Portionen täglich.
- Es geht auch ohne Milch: Für eine bedarfsgerechte Ernährung müssen Menschen aber keine Lebensmittel-Gruppe zwingend zu sich nehmen - also auch keine Milchprodukte. Diese lassen sich durch Alternativen ersetzen.
- Da durch die Milchproduktion deutlich mehr klimaschädliche Treibhausgase anfallen als bei Pflanzenmilch wie Sojamilch, Hafermilch und Co., sieht die DGE den Milchkonsum aber auch kritisch.
- Die Empfehlungen haben laut DGE das Ziel, der Gesundheit und der Umwelt zu dienen.
Macht Milch starke Knochen und Muskeln?
🦴 Milch versorgt die Knochen mit Nährstoffen wie Kalium und Kalzium. Ob Knochen von Milchtrinker:innen stärker sind, ist allerdings strittig.
🤾 Damit Knochen nicht brechen und das Osteoporose-Risiko sinkt, spielt die Knochendichte eine wesentliche Rolle. Vor allem Bewegung beeinflusst die Knochendichte positiv: Kinder sollten viel Hüpfen und Springen. Dazu tragen Spiele und Trainings bei, bei denen der Körper gegen die Schwerkraft arbeiten muss.
☀️ Draußen sein! Außerdem braucht der Körper Licht, damit er Vitamin D bildet - was Knochen stärkt. Das ist auch wichtig für Milchtrinker:innen, die über Vitamin D das Kalzium aus der Milch besonders gut aufnehmen.
💪Du willst Muskeln aufbauen? Das beschleunigen Milch- und Milchprodukte wie Quark und Kefir. Sie enthalten hohe Mengen an Proteinen. Auch Calcium und Phosphor stärken die Muskeln und kommen in Milch vor.
Im Clip: Sind laktosefreie Produkte gesünder?
Verträgt der Mensch überhaupt Milch?
Als Säuglinge trinken wir alle Milch. Und bis zu unserem fünften Lebensjahr produziert der Körper noch vermehrt Laktase. So kann er Milchzucker aufspalten - und Milch verdaulich machen. Die Milch ernährt uns, wir wachsen damit auf. Aber wie ist es im Erwachsenenalter? Zugegeben, als Erwachsene Muttermilch trinken - das klingt seltsam. Und dann noch von einer anderen Spezies, also der Kuh.
Mit diesem Ernährungs-Verhalten sind wir Menschen einzigartig auf der Welt. Aber wir trinken vermutlich seit 9.000 Jahren Milch - darauf weisen Knochenfunde hin. Milch gehört also schon lange zu unseren Nahrungsmitteln.
Aber: Menschen tranken schon Milch, bevor sie diese als Erwachsene überhaupt vertrugen - also trotz auftretender Bauchschmerzen und Blähungen. Erst ein paar Tausend Jahren nach dem Start des Milchverzehrs entwickelte sich eine Genmutation, die Milch auch für Erwachsene verträglich machte. Vor allem unter Menschen in Europa, aber auch in Afrika und im Mittleren Osten und in Südasien verbreitete sich die Genmutation - und zwar rasant. Hunger und Krankheit gelten als Beschleuniger dieser Entwicklung laut britischer Studie.
Die Folge: In Europa sind nur etwa 15 bis 30 Prozent der Menschen laktoseintolerant. Auf die Weltbevölkerung geschaut ergibt sich ein ganz anderes Bild: Rund 75 Prozent der Menschen vertragen keine Laktose, also keinen Milchzucker. Wer laktoseintolerant ist und dennoch Milch trinkt, rennt zur Toilette und kämpft mit Verdauungs-Problemen. Hier gilt also: Besser keine Kuhmilch trinken und auf pflanzliche Alternativen umsteigen.
Milch ist besser als ihr Ruf
Leider gibt es seit Jahren Vorurteile gegen Milch und Milchprodukte, die längst von der Wissenschaft überprüft und geklärt wurden. Milch ist für die meisten Menschen völlig unbedenklich und ein wertvolles Lebensmittel.
Prof. Dr. Hans Hauner vom Lehrstuhl Ernährungsmedizin der Technischen Universität München (TUM). Er arbeitet mit am Forschungsprojekt "Update Milch".
Risiko Milch? Das sagt die Forschung
Besteht ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Milchkonsum?
Nein, wer Milch trinkt und Milchprodukte wie Joghurt und Käse konsumiert, für den besteht kein erhöhtes Risiko. Denn: Milch wirkt sich laut Studie nicht negativ auf Körpergewicht, Blutfette und Blutdruck aus. Milchkonsum begünstigt also keine Faktoren, die für Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen.
Wir wirkt Milchverzehr auf den Blutdruck?
Egal, ob Menschen fettarme Milchprodukte oder Vollmilchprodukte zu sich nehmen: Der Blutdruck steigt dadurch nicht. Der systolische Wert kann sogar leicht sinken.
Ist Joghurt gesünder als Milch?
Beim Taillenumfang hat Joghurt Vorteile im Vergleich zu Milch: Joghurtkonsum scheint den Taillenumfang etwas zu schmälern - und zwar unabhängig vom Fettgehalt des Joghurts.
Macht Milch also dick?
Wer Milchprodukte und Milch zu sich nimmt, muss nicht mit einer Gewichtszunahme rechnen, ebenso wenig mit höherem Body-Maß-Index (BMI) oder mehr Körperfettmasse.
Steigt bei Milchkonsum der Blutzucker?
Die Glukose-Messwerte werden kaum beeinflusst von höherem Milchkonsum.
Kann ich trotz hohem Cholesterin Milchprodukte essen und trinken?
Ja, das ist möglich. Milch beeinflusst kaum den Spiegel von LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin.
Milch und das Krebsrisiko
Es gab schon 2019 Meldungen, dass Mediziner:innen vor Krankheitserregern (BMMF) in der Milch warnen. Angeblich fördern diese das Krebsrisiko. Das verunsicherte viele Menschen. Soll man nun besser keine Milch mehr trinken? Verzicht ist nicht nötig, meint das Bundesinstitut für Risikobewertung. Es empfiehlt uneingeschränkt den Konsum von Milch und Milchprodukten. Die Datenlage sei unzureichend für eine Warnung.
Es gibt mittlerweile viele Forschungen, die Zusammenhänge zwischen Milchkonsum und Krebs untersuchen. Ob Milch einen Einfluss hat, ist offenbar von der Krebsart abhängig. Der derzeitige Stand zeigt: Milchkonsum erhöht nicht das Brustkrebs-Risiko. Die enthaltenen Hormone in der Milch sollen im menschlichen Körper wirkungslos bleiben. Zwischen Prostatakrebs und Milchkonsum hingegen gibt es offenbar Zusammenhänge. Das Risiko für Dickdarmkrebs hingegen, kann Milch vermutlich sogar senken.
Gut kontrolliert: Keine Angst vor Antibiotika in Milch
💊Der Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung sinkt. Aber viele Menschen haben Angst, dass sie mit Antibiotika in Kontakt kommen, wenn sie Milch trinken. Zu Recht?
🐄Bekommen Kühe Antibiotika, können davon auch Rückstände im Lebensmittel enthalten sein. In der Praxis ist das aber nur äußerst selten der Fall - wie Untersuchungen zeigen.
🔬Milch ist ein gut kontrolliertes Lebensmittel. Es ist festgelegt, wie hoch der Anteil an Antibiotika-Rückständen in der Milch sein darf.
⚠️Ist die Grenze überschritten, darf die Milch nicht auf den Markt. Sprich: Konsumentinnen und Konsumenten kommen damit gar nicht erst in Berührung.
🥛 Beruhigend sind auch die Zahlen, die das Forschungsprojekt "Update Milch" dazu veröffentlichte: Demnach entdeckten Fachleute bei 1.200 Milchproben nur in einem Fall Antibiotika-Rückstände.