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Dafür oder dagegen: Sollte der soziale Pflicht-Dienst eingeführt werden?

  • Veröffentlicht: 14.06.2022
  • 19:04 Uhr
  • Nicole Lemberg
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© Getty Images

Die Debatte um einen sozialen Pflicht-Dienst für junge Menschen ist neu entfacht. Was dafür und dagegen spricht, haben wir für dich zusammengefasst. Deine Meinung ist gefragt: Was hältst du von einem verpflichtenden Dienst im Sozialbereich?

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Das Wichtigste zum Thema Sozialer Pflicht-Dienst

  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Diskussion um einen sozialen Pflicht-Dienst neu entfacht. Seit dem Ende des Zivil-Dienstes gibt es in Deutschland nur Freiwilligen-Dienste.

  • Positive Stimmen sehen in dem Pflicht-Dienst eine Chance, unterschiedliche Lebens-Realitäten näher zusammenzubringen und die Wertschätzung für soziale Berufe zu stärken.

  • Die Gegenseite argumentiert wiederum, dass ein soziales Pflichtjahr in die individuelle Freiheit von jungen Menschen eingreift. Ein Zwang sei nicht zielführend.

  • Welche Argumente überzeugen dich? Stimme unten im Voting ab.

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Vom Zivil-Dienst zum Freiwilligen-Dienst

Die Diskussionen um einen Pflicht-Dienst im Sozialbereich sind nicht neu. Bereits mit dem Ende des Zivil-Dienstes 2011 gab es immer wieder Debatten um ein neues System. Damals wurde der Zivil-Dienst von Freiwilligen-Diensten abgelöst.

Für junge Menschen jeden Geschlechts gibt es heute das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) , das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) und den Internationalen Jungend-Freiwilligen-Dienst (IFJD). Unabhängig vom Alter kann sich jede:r auch beim Bundesfreiwilligen-Dienst (Bufdi) engagieren.

Momentan leisten etwa 100.000 überwiegend junge Menschen jährlich einen Freiwilligen-Dienst. Das Spektrum reicht von der Altenpflege bis zum Sportverein.

Steinmeier entfacht Debatte um einen verpflichtenden Dienst im Sozialbereich

Es war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der die Debatte um einen sozialen Pflicht-Dienst erneut angestoßen hat. Er sprach dabei zwar nicht explizit von jungen Menschen - in der aktuellen Diskussion geht es aber vor allem um Schulabgänger:innen. Ob der Pflicht-Dienst kommt und wie lang er dauern soll, ist noch unklar.

Im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampel ist kein verpflichtender Dienst im Sozialwesen vorgesehen. Darin versprechen die Regierungs-Parteien aber "die Plätze in den Freiwilligen-Diensten nachfragegerecht auszubauen, das Taschengeld zu erhöhen und Teilzeit-Möglichkeiten zu verbessern."

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Stärkung der Gemeinschaft: Was für einen sozialen Pflicht-Dienst spricht

✔ Frank-Walter Steinmeier ist überzeugt, dass eine verpflichtende Zeit im Sozialwesen die Gemeinschaft stärken und Vorurteile abbauen könnte. Das mache einen Austausch mit anderen Generationen und Gruppen möglich - und erweitere den Horizont.

✔ "Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Verständnis für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein", erklärte der Bundespräsident im Interview mit der Bild am Sonntag.

✔ Auch die CDU befürwortet die Idee. Durch die Einführung eines sozialen Pflicht-Dienstes könnten Menschen mit unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft einfacher zusammenkommen.

✔ Der deutsche Pflegerat sieht in dem Vorschlag eine Chance, junge Menschen für die Pflege zu begeistern. Dabei sollen die Teilnehmer:innen aber nicht als billige Pflegekräfte eingesetzt werden, sondern aus erster Hand erfahren, wie wichtig das Gesundheitswesen für die Gesellschaft ist.

✔ Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Die Linke) ist Fürsprecher des sozialen Pflicht-Dienstes. Die Schulpflicht sei ebenfalls ein Gesetz, bei dem der Staat mitbestimme - die Diskussion um den Eingriff in die Freiheit junger Menschen könne er deshalb nicht nachvollziehen.

Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) befürwortet einen möglichen sozialen Pflicht-Dienst

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Ein Eingriff in die Freiheit: Das sagen kritische Stimmen zum sozialen Pflicht-Dienst

❌ "Ein sozialer Pflicht-Dienst würde einen Eingriff in die individuelle Freiheit eines jeden Jugendlichen bedeuten", kritisierte die Grünen-Familienministerin Lisa Paus Steinmeiers Vorstoß. Auch die Jugend-Organisationen verschiedener Parteien, darunter die Jusos und die Jungen Liberalen, hatten den Vorschlag aus diesem Grund zurückgewiesen.

❌ Die Lebenshilfe und der Paritätische Gesamtverband sprachen sich hingegen für eine Stärkung des Freiwilligen-Dienstes aus. Zum Teil gebe es zu wenig finanzierte Plätze für Freiwillige und mehr Bewerber:innen als Angebote.

Wohlfahrts-Verbände wie die evangelische Diakonie sehen den Erfolg von sozialem Engagement in der eigenen Entscheidungsmacht: "Freiwilligkeit und persönliche Überzeugung müssen entscheidend bleiben."

Kristof Becker, Chef der Jugend-Organisation des deutschen Gewerkschaftsbundes, glaubt ebenfalls nicht daran, dass eine Verpflichtung soziale Berufe stärkt. "Wer junge Menschen davon überzeugen möchte, in bestimmten Bereichen zu arbeiten, der sollte für gute Ausbildungs- und Arbeits-Bedingungen sorgen und nicht nach Pflicht-Diensten schreien."

❌ Dass gerade Jugendliche nach über zwei Jahren in der Corona-Pandemie mehr Solidarität zeigen sollen, empfinden viele junge Menschen als ungerecht. In der noch unveröffentlichten Jugendstudie 2022 der TUI-Stiftung sprachen sich nur 40 Prozent der 16- bis 26-Jährigen für eine allgemeine Dienst-Pflicht aus. 49 Prozent waren dagegen.

Klima-Aktivistin Luisa Neubauer steht der Debatte skeptisch gegenüber

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Sag uns deine Meinung! Sollte der soziale Pflicht-Dienst in Deutschland eingeführt werden?

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Im Dienste der Gesellschaft: Diese Systeme gibt es in anderen Ländern

🇫🇷 In Frankreich führte Präsident Emmanuel Macron den Allgemeinen Nationaldienst ein, der seit 2021 für alle ab 16 bis 25 Jahre verpflichtend ist. Für zunächst einen Monat müssen die Menschen in zivilen oder militärischen Einrichtungen aushelfen. Ziel ist laut der Regierung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

🇬🇭 In Ghana müssen alle Hochschul-Absolvent:innen einen verpflichtenden einjährigen Nationaldienst verrichten. Sie können dabei aus verschiedenen Bereichen wie dem Gesundheitsweisen, der Gemeinde-Verwaltung, dem Erziehungsbereich oder der Landwirtschaft wählen.

🇨🇭 Das Miliz-System in der Schweiz betrifft nicht nur die Wehrpflicht in der Schweizer Armee, sondern auch den zivilen Bereich. So gibt es beispielsweise Pflicht-Dienste in der Feuerwehr und im Zivil-Schutz.

🇪🇸 In Spanien kann erst mit dem Ausrufen des Alarmzustandes die zivile Dienst-Pflicht eingeführt werden. Dies passierte zuletzt 2020 im Zuge der Corona-Pandemie.

🇬🇧 Auf den Pitcairn-Inseln, einem britischen Überseegebiet im Pazifik, sind die etwa 50 Einwohner:innen zu öffentlichen Arbeiten verpflichtet, da es keine Mehrwerts- und Einkommenssteuer gibt. Bei Ausbesserungsarbeiten an der Infrastruktur und Reparaturen an öffentlichen Gebäuden müssen deshalb beispielsweise alle mit anpacken.

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