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Super-Immunität? Warum sich manche Menschen nicht mit Corona infizieren

  • Veröffentlicht: 10.08.2022
  • 17:00 Uhr
  • Nicole Lemberg

Obwohl sich die Omikron-Variante schneller ausgebreitet hat als je zuvor, haben sich zahlreiche Menschen immer noch nicht mit dem Virus angesteckt. Wie erklärt sich diese scheinbare Immunität gegen Corona? Im Clip: Das passiert bei Corona im Körper.

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Das Wichtigste zum Thema Immunität gegen Corona

  • Alpha, Delta, Omikron: Trotz mehrerer Wellen und Virus-Varianten scheinen manche Menschen bisher um eine Corona-Infektion herumzukommen.

  • Haben manche Menschen eine natürliche Immunität gegen das Virus? Diese Hypothese ist bisher noch nicht vollständig bewiesen - aber gibt es mehrere Erklärungs-Ansätze.

  • Zum einen könnten die T-Gedächtniszellen durch andere Erkältungs-Viren zu Kreuz-Reaktionen führen. Auch Alter, Geschlecht und die Viruslast sind laut Expert:innen wichtige Faktoren.

  • Könnte es sogar sein, dass manche Menschen genetisch besser veranlagt sind, das Corona-Virus abzuweisen? Prof. Reinhold Förster, Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, ordnet die aktuellen Forschungs-Ansätze weiter unten im Interview ein.

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Die englische Human-Challenge-Studie

36 Menschen zwischen 18 und 30 Jahren hatten sich vor etwa einem Jahr freiwillig bereit erklärt, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren. Zu diesem Zeitpunkt war keiner der Proband:innen geimpft oder genesen.

Ziel der umstrittenen Human-Challenge-Studie sollte sein, den exakten Zeitverlauf einer Covid-19-Infektion zu dokumentieren. Mit Erfolg: Das britische Team konnte beobachten, dass die Viruslast der Infizierten bereits nach zwei Tagen steil anstieg.

Gleichzeitig beobachteten die Forschenden ein erstaunliches Phänomen: Nur die Hälfte der Testpersonen infizierten sich nach der verabreichten Dosis mit der ursprünglichen Virus-Variante. Die restlichen Proband:innen blieben negativ und symptomfrei.

Dafür gibt es mittlerweile mehrere Erklärungs-Ansätze und Theorien. Mehr dazu weiter unten.

Helfen T-Zellen dem Immunsystem, sich zu erinnern?

🏥 Eine Theorie für dieses Phänomen sind sogenannte Kreuz-Immunitäten. Ebenfalls britische Forschende haben 2021 eine Gruppe von Klinik-Personal untersucht, die bisher immer negativ auf das Corona-Virus getestet wurden.

🔬 Das Ergebnis der Studie: 20 von 58 Proband:innen wiesen eine erhöhte Anzahl an T-Zellen auf. Diese Gedächtniszellen helfen unserem Körper, auf eindringende Krankheitserreger zu reagieren.

🛡 Die Forschenden schließen daraus, dass die Studien-Teilnehmer:innen bereits früher mit anderen bekannten Corona-Viren in Kontakt kamen. Daraus könnte es zu einer Kreuz-Immunität gekommen sein, die ermöglicht, dass das Immunsystem die eindringenden Viren erkennt und direkt bekämpft.

❗ Die Studienautor:innen warnen jedoch davor, die Ergebnisse als festen Beweis zu verwenden. Zum einen ist die Herleitung durch die Daten nicht hundertprozentig schlüssig - auch andere Einflüsse könnten zu der Wirksamkeit der T-Zellen geführt haben.

🧫 Zum anderen basiert die Untersuchung auf dem Corona-Wildtyp. Ob die Ergebnisse auch genau so auf die Omikron-Variante zutreffen, ist bisher noch unklar. Dies müssten weitere Studien klären.

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Haben manche Menschen einen genetischen Vorteil? Der Immunologe Prof. Reinhold Förster klärt auf

Manche Menschen scheinen bisher um eine Corona-Infektion herumgekommen zu sein. Selbst bei Familien gibt es Fälle, bei denen sich alle anstecken, außer ein Familien-Mitglied. Wie kann das sein?

💬 In erster Linie müssen wir unterscheiden, ob sich eine Person wirklich nicht infiziert hat oder ob sie in der Lage war, die Infektion früh genug erfolgreich zu bekämpfen. Wenn drei Familien-Mitglieder mit klassischen Erkältungs-Symptomen zu Hause liegen, kann sich das vierte Mitglied trotz Symptom-Freiheit und negativem Test kurzzeitig infiziert haben. Wir sprechen dann von einer sogenannten "stillen Infektion."

Warum können einige das Virus besser bekämpfen als andere?

💬 Vor allem bei Kindern zeigt das Virus häufig wenig Wirkung. Das liegt an speziellen antiviralen Botenstoffen, die eindringende Erreger an der Verbreitung hindert - sogenannte Interferone. Und solche Mechanismen können auch bei manchen Erwachsenen noch vorliegen.

Ist es dennoch möglich, dass sich manche Menschen einfach überhaupt nicht infizieren?

💬 Ja, hier gibt es verschiedene Erklärungs-Ansätze - die aber bisher nur Hypothesen sind. Die Genetik könnte eine wichtige Rolle spielen. In manchen Fällen können bestimmte Mutationen verhindern, dass Krankheits-Erreger an die Rezeptoren im Menschen andocken. Das beobachten wir zum Beispiel beim HIV-Virus. Menschen, die dem Virus häufig ausgesetzt waren, haben sich nicht infiziert, weil ihnen schlichtweg die nötigen Rezeptoren fehlen.

Haben manchen Menschen also auch beim Corona-Virus möglicherweise einen genetischen Vorteil?

💬 Wahrscheinlich. Wir wissen, dass das Corona-Virus an das ACE-2-Rezeptor andockt. Aber bisher hat man noch keine Mutationen bei Personen nachweisen können, die diese Vermutung bestätigen. Dazu laufen aber aktuell Forschungen.

Gleichzeitig wird auch über andere genetische Faktoren diskutiert - beispielsweise hatten französische Forscher:innen einen Zusammenhang zwischen der Virus-Übertragung und den Blutgruppen hergestellt.

💬 Diese These wird sehr kontrovers diskutiert. Denn die Studien kommen teilweise zu ganz widersprüchlichen Aussagen. Eine Meta-Analyse der bisherigen Daten kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Blutgruppe 0 ein geringeres Infektionsrisiko zu haben scheint als andere Blutgruppen. Ob diese Analyse stimmt, lässt sich noch nicht abschätzen. Es zeigt aber, dass es noch viele verschiedene Faktoren mit einzubeziehen gibt.

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Sind Frauen besser geschützt als Männer?

Neben den aktuellen Forschungs-Ansätzen gibt es laut Prof. Förster weitere Faktoren, die eine Corona-Infektion begünstigen oder verhindern können.

🧫 Virusmenge

Um sich zu infizieren, muss die Virusmenge einen gewissen Schwellenwert überschreiten. Es kommt also auch auf die Viruslast der Kontaktperson an, um sich selbst anzustecken. Je geringer die Viruslast ist, desto unwahrscheinlicher ist eine Infektion.

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👴 Alter

Das Alter gehört laut dem Immunologen Prof. Förster zu den einflussreichsten Faktoren einer Corona-Infektion. Denn je älter man wird, umso geringer ist auch die Immunabwehr. Ab etwa 65 Jahren lässt sich die Immun-Oseneszenz beobachten - das heißt, dass das Risiko einer Infektion steigt, weil die Leistungsfähigkeit des Immunsystems abnimmt.

👱‍♀️ Geschlecht

Den Faktor Geschlecht erklärt der Immunologe ebenfalls mit genetischen Gegebenheiten. "Auf dem X-Chromosom sitzen einige Faktoren des angeborenen Immunsystems. Und Frauen haben gleich zwei davon", erläutert Reinhold Förster. Dadurch haben sie von Grund auf ein stärkeres Immunsystem als Männer. Gleichzeitig leben Frauen statistisch gesehen gesünder. Das kann vor allem den Krankheitsverlauf beeinflussen.

Gibt es Super-Immunität also wirklich?

Forschende haben für das Phänomen, warum sich manche Menschen scheinbar nicht infizieren, mehrere Ansätze. Wissenschaftlich belegt ist bisher aber noch keine der Theorien. Reinhold Förster warnt deshalb davor, Begriffe wie "Super-Immunität" wörtlich zu nehmen.

Denn sie könnten den falschen Eindruck erwecken, dass Personen, die bisher noch nicht nachweislich mit dem Virus infiziert waren, vor Corona geschützt sind. "Das Risiko für jede:n Einzelne:n lässt sich dadurch überhaupt nicht vorhersagen", erklärt der Immunologe.

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