Riesige Tiere
Darum werden Tiere nicht so gigantisch wie Godzilla oder King Kong
- Veröffentlicht: 13.09.2024
- 05:00 Uhr
- Peter Michael Schneider
Schwer wie Binnenschiffe, so hoch wie Mietshäuser: Im Vergleich zu Menschen wachsen manche Tiere zu Giganten heran. Und doch stoßen sie auf eine unsichtbare Grenze der Evolution, die sie davon abhält, noch größer zu werden. Warum das so ist und welche Vor- und Nachteile das hat.
Das Wichtigste in Kürze
Waren die Dinosaurier die größte Tiere aller Zeiten? Nein! Der Gigant der Tierwelt ist der Blauwal - und er lebt noch heute.
Die Meeressäuger werden bis zu 200 Tonnen schwer, das sind fünf voll beladene Lkw. Das größte gefangene Exemplar maß fast 34 Meter Länge, das eineinhalbfache eines Lkw.
Aber: Warum werden Tiere nicht noch größer - so wie King Kong oder Godzilla?
Tierischer Evolutions-Trick: größer werden!
Viele Tierarten werden im Laufe der Jahrmillionen immer größer, erkannte Edward Cope, vor 150 Jahren einer der größten Stars unter den Paläontologen (Cope-Regel).
Der Gigantismus hat mehrere Gründe: In kalten Regionen können große Tiere Wärme besser speichern.
Vor allem im Meer ist Masse fast kein Thema, da große Tiere dort quasi schweben. Daher müssen sie ihre Körper nicht aufrecht halten, wie beispielsweise Giraffen.
Außerdem: Mehr Masse bedeutet weniger Feinde. Eine dicke Speckschicht ist eine Lebensversicherung gegen Haie, ordentlich Wumms auf den Hufen gegen Löwen.
Im Video: Die größten Lebewesen der Welt
Größenlimit: Warum Tiere nicht endlos wachsen
- Rein theoretisch sind laut Evolutions-Biologen noch größere Tiere als Blauwal und Argentinosaurus möglich. Doch dann würden die Nachteile des Gigantismus seine Vorteile überwiegen.
- Noch größere Giganten würden also im Vergleich mit kleineren Tieren im Wettbewerb der Evolution schlechter abschneiden.
- Eine einfache Rechnung zeigt das Problem: Verdoppelt ein Tier im Laufe der Evolution seine Länge, wächst sein Volumen theoretisch um das Achtfache - mit dramatischen Auswirkungen.
- Denn dadurch braucht es zunächst ein viel stärkeres und schwereres Skelett.
- Zudem lassen sich die Körperzellen von Giganten kaum noch mit Sauerstoff versorgen, was sehr schlecht für den Energiehaushalt ist.
- Anstrengende Futtersuche: Um sich die Energie für ihre Riesenkörper zu besorgen, müssen große Tiere ihre schweren Körper unentwegt durch Landschaft schleppen - denn das Nahrungsangebot wächst ja nicht zwangsläufig an Ort und Stelle mit.
- Dabei droht Giganten ständig die Überhitzung. Aus den Tiefen immer größerer Körper lässt sich die Wärme immer schwerer abführen.
Das größte Landtier aller Zeiten: Warum Argentinosaurus so groß wurden
Mit einer 35 Meter Länge gilt der Dinosaurier Argentinosaurus als größtes Landtier der Erdgeschichte. Evolutions-Biologen glauben zu wissen, warum die in Argentinien gefundene Echse, die immerhin so hoch reichte wie drei Giraffen, so groß wurde.
Ihr gigantischer Körper war für Fressfeinde unüberwindlich. Schon in das 1,20 Meter lange Schienbein zu beißen, dürfte die meisten Fleischfresser überfordert haben. Ein Minikopf ohne Zähne war hingegen so leicht, dass er Höhen erreichte, um konkurrenzlos Hunderte Kilogramm Pflanzen zu futtern, die der bis zu 73 Tonnen schwere und entsprechend energiehungrige Riese jeden Tag brauchte. Eine ausgedehnte Lunge sorgte dafür, dass der Riesenkörper mit ausreichend Sauerstoff versorgt wurde – bis heute ein Evolutions-Bonus für die heutigen Vögel, den unmittelbaren Nachfolgern der Dinosaurier.
Giganten unserer Zeit: Die größten Tiere von heute
Perucetus colossus: der wahrscheinlich größte Wal der jemals existierte
Der Blauwal gilt als schwerstes Tier aller Zeiten. Bis 2023 ein Team von Paläontologen 2023 im Fachjournal Nature behauptete, "Perucetus colossus" habe ihn womöglich übertroffen. Der ausgestorbene Urwal könne bis zu 340 Tonnen gewogen haben. Aber: Eine aktualisierte Schätzung von Wissenschaftler:innen vom Juni 2024 kommt nur noch auf knapp 100 Tonnen.
Insel-Verzwergung: Warum große Tiere manchmal wieder klein werden
Nicht selten stellt die Natur ihre eigenen Regeln auf den Kopf. Denn während manche Tierarten im Laufe der Zeit immer größer werden, findet auf Inseln manchmal das Gegenteil statt.
Beispiele dafür sind die Mini-Tiger von Sumatra und die Zwergelefanten von Borneo, deren Schultern nicht höher reichen als 2,50 Meter. Ihre Verwandten auf dem asiatischen Festland wachsen einen Meter größer. Der ausgestorbene sizilianische Zwergelefant schrumpfte sogar auf nur noch einen Meter, während seine Ahnen noch über vier Meter groß waren.