Wattwurm: Deshalb macht der Wurm am Wattenmeer kleine Häufchen
- Veröffentlicht: 26.08.2023
- 08:02 Uhr
- Sven Hasselberg
Der Wattwurm reinigt den Sand und versorgt den Boden mit Sauerstoff. Wie er das macht und warum er Menschenleben rettet, erfährst du hier.
Das Wichtigste zum Thema Wattwürmer
Der Wattwurm, auch Sandwurm oder Pierwurm genannt, ist 20 bis 40 Zentimeter lang und kommt an den östlichen Atlantikküsten, von der Arktis bis ans Mittelmeer vor. In Deutschland tummelt er sich im Watt von der Ost- aber vor allem der Nordsee.
Pro Quadratmeter Watt leben gut 40 bis 50 der rötlich-braunen bis schwarzen Tiere. Diese fressen sich durch den Sand und reinigen ihn so von tierischen und pflanzlichen Überresten, die ihnen als Nahrung dienen. Auch das Wasser wird so geklärt.
So graben die Wattwürmer im Verlauf eines Jahres die oberen 20 bis 25 Zentimeter des gesamten Wattbodens um. Damit sorgen sie auch dafür, dass mehr Sauerstoff in den Boden gelangt, was wiederum Mikroorganismen das Leben erleichtert.
Der Wattwurm: Steckbrief
Wissenschaftlicher Name: Arenicola marina
Familie: Arenicolidae
Länge: 20 bis 40 Zentimeter
Gewicht: 40 bis 50 Gramm
Breite: etwa fingerdick
Kiemen: 13 Paar
Borstenfüße: 19 Paar
Alter: meist 2 bis 3 Jahre, bis hin zu 6 Jahren
Nahrung: Reste von Pflanzen und Tieren aus dem Watt
Feinde: Vögel, Fische
Aussehen: So erkennst du einen Wattwurm
Der Wattwurm ist braun bis schwarz gefärbt und kann so dick wie ein Daumen werden. Durch seinen ausstülpbaren Rüssel, die roten Kiemenbüschel und sein dünneres Schwanzende ist leicht zu erkennen.
Sein Körper besteht aus drei Teilen. Neben dem Kopf und dem Mittelteil mit Borstenfüßen und Kiemen gibt es den hinteren Schwanzteil.
Ähnlich einigen Echsenarten kann der Wattwurm auch ohne Schwanz weiterleben. Greift ihn ein Vogel am hinteren Ende des Körpers, gibt es dort eine Art Sollbruchstelle, und der Wattwurm lässt den Vogel diesen Teil abreißen. Denn in diesem hinteren Teil befindet sich nur ein Stück Darm und keine lebensnotwendigen Organe. So rettet sich der Wurm wieder tiefer in seine Höhle. Dieses Manöver ist gut 30-mal möglich.
Funktion: So wichtig ist der Wattwurm für die Umwelt
Schlick, Schlamm, matschiges Watt: Hier fühlt sich der Wattwurm so richtig wohl. Und noch mehr: Er baut es geradezu um! "Bioturbation" heißt das Zauberwort: Durch sein Graben verändert er Struktur und Zusammensetzung des schlammigen Bodens. Der Wurm ist ein lebender Filter. Er stülpt seinen Schlund aus und frisst sich mit diesem Rüssel in den Sand, behält die pflanzlichen und tierischen Reste, wie Kleinstalgen, als Nahrung und scheidet reinen Sand wieder aus. So verdaut er bis zu 10 Prozent der organischen Reste.
Der Boden wird durch das Graben des Wattwurms und die wellenförmigen Bewegungen in seiner Höhlenröhre von Wasser durchstrudelt. Der Wurm sorgt so auch dafür, dass der Boden mit Sauerstoff versorgt wird. Er selbst kann eine Woche ohne Sauerstoff auskommen. Pro Jahr gräbt jeder Wurm 25 Kilo Sand um. Die Fotogalerie zeigt dir, wie er das tut.
Im Winter bleibt der Wattwurm übrigens einfach in seiner Höhle. Die Kälte macht dem Wattwurm nichts aus. Er passt seine Körpertemperatur und somit seinen Stoffwechsel der Außentemperatur an. Schwieriger wird es für den Wattwurm eher bei Hitze. Ist der Boden lange über 18 Grad aufgeheizt, kann er sterben.
Spaghetti-Haufen: So gräbt sich der Wattwurm durch den Sand
Wattwürmer: Darum sind sie so wichtig
Wie sich sich Wattwürmer fortpflanzen
Männchen und Weibchen lassen sich auf den ersten Blick nicht unterscheiden. Ab Oktober geben die Männchen ihre Spermien ins Wasser ab und diese befruchten dann die Eier, die in den Höhlen der Weibchen liegen. Die Larven schlüpfen dann und lassen sich ins Meer treiben, wo sie am Boden in einer schleimigen Masse eingehüllt weiterwachsen.
Nach einigen Monaten kommen sie ins flache Wasser und beginnen mit kleinen Röhren, bevor sie dann wieder ins Meer hinausschwimmen. Erst im Folgejahr gesellen sie sich dann ins Watt unter all die anderen "erwachsenen" Wattwürmer. Denn mit zwei Jahren sind auch sie geschlechtsreif.
Besonderes Blut: Der Wattwurm als Lebensretter
🩸 Verschiedene Forschende untersuchen derzeit das Blut des Wattwurms. Der Grund: Das Hämoglobin, also der rote Blutfarbstoff, des Wurmes ist rund 50-mal so groß wie das des Menschen. Damit kann es auch mehr Sauerstoff speichern. Dies könnte für die Medizin besonders hilfreich sein. So könnte zum Beispiel ein Spenderorgan während einer Organspende mit Wattwurm-Blut länger und besser mit Sauerstoff versorgt werden. Wattwurmblut fördert zudem die Heilung von Wunden und kann vielleicht bei der Behandlung von Schlaganfällen helfen, das Gehirn besser zu durchbluten.
Bedrohung durch den Menschen
Leider ist das Wattenmeer durch Müll und Überdüngung bedroht. Die vielen Schadstoffe schaden den Würmern und somit dem gesamten Ökosystem.
Außerdem ist der Wurm bei Angler:innen sehr beliebt als Köder. Anscheinend beißen besonders Plattfische wie Scholle, Flunder, Seezunge oder Heil- und Steinbutt sehr gut. In Dänemark soll es hauptberufliche Wattwurmgräber geben, die angeblich pro Jahr neun Millionen Würmer, also ungefähr 45 Tonnen, nur für das Angeln zutage fördern.
Und dabei zählt der Wattwurm wegen seiner Verdienste um das Wattenmeer sogar zu den "Small Five". Dazu gehört neben der Strandkrabbe, der Herzmuschel, der Wattschnecke und der Nordseegarnele auch der Wattwurm.
Häufige Fragen zum Wattwurm
Bei Ebbe lebt der Wattwurm sein Leben in der feuchten Höhle ganz gewöhnlich weiter. Er freut sich über die Nahrung, die ihm die Flut hereingespült hat und frisst und filtert den neuen Sand. Dann drückt er seine Kothäufchen wieder an die Oberfläche. Sobald er allerdings nach oben kommt, ist er bei Ebbe ein willkommenes Fressen für die Seevögel.
Der Wattwurm hilft durch sein Graben und Fressen nicht nur den Sand zu reinigen und zu lockern und das Wasser zu klären. Der Boden wird dadurch auch mit mehr Sauerstoff versorgt. Das führt wiederum zu einer gestiegenen Anzahl an notwendigen Mikroorganismen im Boden.
Vor allem Vögel wie der Austernfischer gehören zu den Hauptfeinden. Eine Möwe frisst zum Beispiel rund 35 Wattwürmer pro Tag. Fische, unter anderem die Plattfische wie Scholle, Flunder oder Heilbutt, schnappen auch mal gerne zu.
Die meisten Würmer werden nicht älter als zwei bis drei Jahre. Dennoch können sie aber bis zu fünf oder gar sechs Jahre alt werden.
Der Körper des Wattwurms besteht aus drei Teilen. Neben dem Kopf und dem Mittelteil mit Borstenfüßen und Kiemen gibt es den hinteren Schwanzteil. Den kann der Wurm bei Gefahr abbrechen lassen. Dadurch rettet er sich das Leben, wenn ihn ein Vogel dort festhält. Außerdem kann ein Wattwurm bis zu eine Woche ohne Sauerstoff auskommen.