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Ernährung

Extra Abgabe auf Limo und Co.: Was eine Zuckersteuer bewirken könnte

  • Veröffentlicht: 20.02.2024
  • 05:00 Uhr
  • Sven Hasselberg
Zuckerhaltig: Auch „Limo-Steuer“ genannt, wird immer wieder eine Steuer auf zuckerhaltige Softdrinks in Deutschland diskutiert. Zwar konnten politisch bisher noch keine Mehrheiten dafür gefunden werden, doch Forschende beschäftigen sich in Studien mit dem Gewinn für Staat und Gesundheit.
Zuckerhaltig: Auch „Limo-Steuer“ genannt, wird immer wieder eine Steuer auf zuckerhaltige Softdrinks in Deutschland diskutiert. Zwar konnten politisch bisher noch keine Mehrheiten dafür gefunden werden, doch Forschende beschäftigen sich in Studien mit dem Gewinn für Staat und Gesundheit. © picture alliance / Zoonar/cigdem Simsek

Immer wieder werden in Deutschland Forderungen laut, dass auf Zucker in Softdrinks oder Süßigkeiten eine Steuer erhoben werden soll. Die Vorteile: geringerer Zuckerkonsum, weniger Krankheiten, Milliarden-Einsparungen. Was noch alles dahintersteckt und ob es auch Nachteile gibt.

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Zuckersteuer: Das Wichtigste in Kürze

  • In vielen Ländern, wie Großbritannien, Mexiko, Frankreich oder Dänemark gibt es eine Zuckersteuer auf Softdrinks oder auch auf Süßigkeiten.

  • Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt so eine Steuer sogar. 

  • Das würde Einsparungen für Behandlungen gegen Adipositas, Diabetes, Karies, Herz-Kreislauf-Erkrankungen einbringen. Auch weniger Krankheitstage oder Arbeitsunfähigkeit könnten die Folge sein.

  • Eine Studie der TU-München beziffert dies mit einer Ersparnis von bis zu 16 Milliarden Euro in den nächsten 20 Jahren. 

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Zuckersteuer auf Softdrinks: Was ist das genau?

Erst im April 2023 ließ der Bundestag auf eine Anfrage wissen, dass eine Zuckersteuer auf Softdrinks nicht geplant sei. Weltweit sind allerdings Erfolge mit einer solchen Steuer zu verbuchen. Außerdem verzeichnet Deutschland, laut dem Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW), europaweit den meisten Softdrinkverbrauch pro Kopf. Ein Glas Limo kann umgerechnet schon mal sieben Stück Würfelzucker enthalten. Fachleute gaben an, dass so eine Steuer organisatorisch innerhalb von zwei Jahren eingeführt werden könnte.

In Deutschland gab es sogar schon einmal eine Zuckersteuer: Bereits 1841 wurde sie auf Zucker erhoben, um den Zuckerrüben-Anbau in Deutschland im Wettbewerb gegen Rohrzucker aus Übersee zu schützen. Erst 1993 wurde sie abgeschafft.

Großbritannien hat 2018 eine Zuckersteuer auf Softdrinks eingeführt. Das britische Modell wird gerne zum Vergleich herangezogen. Die Steuer bewirkte dort nicht nur, dass der Zuckerkonsum sank, sondern auch, dass die Rezepturen der Softdrinks so geändert wurden, dass weniger Zucker darin enthalten ist. Mehr erfährst Du unten.

Was wären die Folgen einer Zuckersteuer für den Softdrink- und Zucker-Konsum?

Gemeinsam mit der Universität Liverpool führte die Technische Universität München eine Studie durch und verglich hierbei auch das britische Modell. Es gäbe zwei Möglichkeiten:

🥤 Die erste Simulation würde, wie von der WHO empfohlen, generell 20 Prozent Steuer auf alle Softdrinks erheben. Diese würden also teurer und dadurch kann der Konsum der Verbraucher:innen pro Person und Tag um 1 Gramm gesenkt werden. Da besonders Männer gerne Limos trinken, wären das bei Männern zwischen 30 und 49 Jahren sogar rund 3 Gramm.

🥤 Das zweite Szenario sieht eine gestaffelte Steuer vor. In Großbritannien werden ab 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter rund 21 Cent Steuer auf den Liter erhoben. Ab 8 Gramm pro 100 Milliliter kommen auf den Liter 24 Cent pro Steuer obendrauf. Das führte dazu, dass die Rezepturen geändert wurden und nun 30 Prozent des Zuckers eingespart haben. 

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Auswirkungen einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke

Laut der Studie würden in den nächsten 20 Jahren fast 245.000 Menschen weniger am Typ-2-Diabetes erkranken. Auch das krankhafte Übergewicht, Adipositas, und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einige Krebsarten könnten weniger werden. In der Behandlung von Zahnproblemen würde verringerter Zuckerkonsum eine immense Rolle spielen. Beim pauschalen Steuermodell könnten wohl 17.000 Todesfälle jährlich verhindert oder verzögert werden. Beim gestaffelten Modell sind es sogar über 29.000.

Insgesamt würde Deutschland beim gestaffelten Steuermodell 16 Milliarden Euro einsparen, ganze vier Milliarden entfallen davon auf Gesundheitskosten. Der Rest würde auf die volkswirtschaftlichen Kosten entfallen, die durch vermehrte Krankheitstage oder Arbeitsunfähigkeit und andere Parameter entstehen. Bei der pauschalen Steuer von 20 Prozent könnten insgesamt noch 9, 5 Milliarden Euro eingespart werden.

Die Zuckerwirtschaft sieht das natürlich etwas anders: Der Verband spricht sich gegen eine Zuckersteuer aus. Er weist daraufhin, dass es zu wenige Studien gäbe, die das Übergewicht einer Gesellschaft ausschließlich mit dem Zuckerkonsum verknüpfen. "Zuckersteuer macht niemand schlanker" schreibt die Zuckerwirtschaft in einer Stellungnahme. 

Zuckerboten: Laut dem Kultusministerium Baden-Württemberg können sich in einer Tafel Vollmilchschokolade zu 100 Gramm ganze 58 Gramm Zucker, also gut 19 Stück Würfelzucker, verstecken. 
Zuckerboten: Laut dem Kultusministerium Baden-Württemberg können sich in einer Tafel Vollmilchschokolade zu 100 Gramm ganze 58 Gramm Zucker, also gut 19 Stück Würfelzucker, verstecken. © picture alliance/dpa / Hendrik Schmidt

Wie viel Zucker solltest du höchstens zu dir nehmen und warum ist mehr ein Problem

Die WHO unterscheidet zwischen freiem und gebundenem Zucker. Zu freiem Zucker zählt der, der Getränken und Speisen zugesetzt wird und der Zucker im Honig oder in Säften. Der Zucker in Obst, Gemüse und Milch zählt nicht dazu.

Von diesem freien Zucker sollen wir täglich nicht mehr als fünf Gramm zu uns nehmen. Das sind gut sechs Teelöffel. Die Deutschen nehmen jährlich aber ein vierfaches der empfohlenen Menge pro Kopf zu sich: 36 Kilo!

Das führt dazu, dass rund Zweidrittel der Männer und fast die Hälfte der Frauen übergewichtig sind. Bei den Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind es gut 15 Prozent. Krankhaft übergewichtig, leiden 19 Prozent der Erwachsenen an Adipositas. Bei den Kindern und Jugendlichen sind es rund sechs Prozent.

Viel Zucker ist vor allem in Lebensmitteln versteckt, die viele konsumieren, ohne darüber nachzudenken. In einem 150 Gramm Becher Fruchtjoghurt sind schon 21 Gramm enthalten, also gut sieben Stück. 100 Gramm Fruchtgummi können im Schnitt 70 Gramm Zucker enthalten, also ungefähr 21 Stück Würfelzucker. In der Diskussion um die Softdrinksteuer ist auch zu beachten, dass nicht nur die Limos mit gut 20 Gramm Zucker, also rund 7 Stück Würfelzucker, pro 200 Milliliter am Start sind. Auch Säfte und Smoothies beinhalten oft genauso viel Zucker oder gar noch mehr.

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Reicht die Zuckersteuer alleine aus?

Viele Expert:innen und auch Politiker:innen betonen, dass neben einer Zuckerstreuer ein Gesamtpaket geschnürt werden müsste, um den Zuckerkonsum zu verringern. In diesem Zusammenhang werden auch immer wieder Stimmen nach Werbeverboten für Limonaden oder Süßigkeiten laut. Es wird auch diskutiert, ob das Verpackungsdesign weniger verlockend für Kinder gestaltet werden muss oder ob Lockangebote für Schokoriegel, "Kaufe drei, bezahle zwei", entfallen sollten. Auch über ein Verbot der "Quengelware" im Supermarkt wird teilweise gefordert. Das ist die Schokolade auf Augenhöhe der Kinder an der Kasse.

Häufige Fragen zur Zuckersteuer

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