Tsuchinshan-ATLAS
Diesen Jahrhundert-Kometen wirst du mit bloßen Augen sehen können
- Aktualisiert: 27.09.2024
- 12:00 Uhr
- Peter Michael Schneider
Mitte Oktober erscheint der Komet Tsuchinshan-ATLAS am Himmel. Der Eisbrocken hat offenbar das Zeug, heller zu leuchten als der Superkomet Hale-Bopp, der 1997 am Himmel zu sehen war. Was es mit dem Kometen auf sich hat, wann er genau zu sehen ist und wie lange.
Das Wichtigste in Kürze
Tsuchinshan-ATLAS könnte der hellste Komet seit Jahren werden. Viele meinen, er wäre sogar der "Komet des Jahrhunderts".
Der Eisball wird etwa 79 Millionen Kilometer entfernt an der Erde vorbeifliegen. Trotzdem wirst du ihn gut mit bloßen Augen beobachten können.
Wenn er es überhaupt um die Sonne schafft: Unser Heimatstern könnte ihn auseinanderreißen.
So hell könnte der Komet Tsuchinshan-ATLAS leuchten
- Als Tsuchinshan-ATLAS entdeckt wurde, glimmte er als selbst im Teleskop als kaum auszumachender Punkt. Doch Kometen-Expert:innen errechneten aus seiner Größe, dass er bei klarem Himmel auch mit den bloßen Augen zu sehen sein wird, wenn er näher kommt.
- Mittlerweile haben sie die Erwartungen sogar nach oben korrigiert: Ab Mitte Oktober wird der Kopf des Kometen in der Abend-Dämmerung als helles Objekt mit einem deutlichen, nach oben gerichteten Schweif über dem Horizont zu erkennen sein (für Fachleute mit einer Magnitude von 2).
- Es ist möglich, dass er dabei heller strahlt als Hale-Bopp 1997, der spektakulärste Komet im 20. Jahrhundert, der auf seiner Runde etwa alle 2.520 Jahre ins Innere des Sonnensystems zurückkehrt.
- Aber schon ab Mitte November dürfte Tsuchinshan-ATLAS nicht mehr mit bloßen Augen zu sehen sein.
Sternschnuppen: Wie genau entstehen die leuchtenden Himmelskörper?
Was steckt hinter dem Kometen Tsuchinshan-ATLAS
💡 Je näher Tsuchinshan-ATLAS sich der Sonne nährt, umso mehr heizen sich die gefrorenen Gase in seinem Kern auf und schießen ins All hinaus. Sie erzeugen einen Großteil eines Kometen-Spektakels - den leuchtenden Schweif.
⛲ Schon im Mai 2024, noch weit von der Sonne entfernt, stieß der Komet bereits etwa eine halbe Tonne Wasser pro Sekunde aus. Am Tag waren das über 40.000 Tonnen, also so viel wie ein mittelgroßer Öltanker.
🚅 Umrundet der Komet schließlich die Sonne, erreicht er eine Spitzengeschwindigkeit von gut 67 km/h. Für die Strecke München-Hamburg bräuchte er dann etwa neun Sekunden.
☄️ Hintergrund: Kometen sind schmutzige Eisbälle aus den hintersten Ecken des Sonnensystems. Hier liest du, was hinter Kometen steckt, warum sein Schweif so hell leuchtet und Menschen in alter Zeit eine Heidenangst vor ihnen hatten.
Die Umlaufbahn von Tsuchinshan-ATLAS
Tsuchinshan-ATLAS kommt aus der bis zu 1,6 Lichtjahre weit entfernten Oortschen Wolke. Der Komet fliegt in einer so lang gezogenen Bahn ("hyperbolisch") durchs Sonnensystem, das er vermutlich nicht wiederkommt. Dabei bewegt er sich aber nicht wie die Planeten in einer (gedachten) Ebene, sondern taucht nahe der Sonne steil durch sie hindurch. Am 27. September ist er dann nur noch etwa 58,6 Millionen Kilometer von ihr entfernt. Auf seinem Rückweg Richtung Hinterhof des Sonnensystems nährt er sich der Erde bis auf etwa 70 Millionen Kilometer - falls er das solare Rendezvous überlebt.
Im Oktober: So kannst du Tsuchinshan-ATLAS beobachten
Während seines monatelangen Anflugs an die Sonne kannst du Tsuchinshan-ATLAS nur im Fernglas oder Teleskop erkennen. Zwischenzeitlich kommt er der Sonne zu nah für eine Beobachtung.
Im Lauf der ersten Oktoberhälfte zieht der Komet von vom südlichsten Teil des Sternbilds Löwe ins Sternbild Jungfrau. In der zweiten Oktoberhälfte erreicht er das Sternbild Schlange. Dann steht der Komet in unseren Breiten bei Sonnenuntergang schon so hoch, dass er im Westen gut zu erkennen sein dürfte.
Da der Mond ab dem 19. Oktober abnimmt, wird der Schweif des Kometen bei guten Wetter-Bedingungen immer besser zu sehen sein. Die Leuchtspur könnte dann über 20 Bogengrad hinweg zu sehen sein, also über etwa 40 Mond-Durchmesser hinweg.
Zwar geht der Komet kopfüber etwa zwei Stunden nach Sonnenuntergang unter, sein Schweif bleibt aber noch weitere zwei Stunde zu sehen.
Kometensuche: Am einfachsten lassen sich Kometen über eine Astronomie-App finden, beispielsweise SkySafari. Achtung: Viele Vollversionen dieser Apps sind kostenpflichtig, und nicht alle verfolgen Kometen.
Die Entdeckung von C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS)
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Im Gegensatz zu Jahrhunderte bekannten Kometen wie der Halleysche Komet, kennen wir Tsuchinshan-ATLAS erst seit Kurzem. Am 9. Januar 2023 entdeckten chinesische Astronom:innen ein nur schwach leuchtendes Objekt auf Aufnahmen der Sternwarte "Purpurner Berg".
Zunächst dachten sie, der etwa 1,2 Milliarden Kilometer von der Erde entfernte Brocken wäre lediglich ein erdnaher Asteroid. Doch einen guten Monat entdecken andere Wissenschaftler:innen einen Schweif: Der Himmelskörper musste also ein Komet sein.
Für Expert:innen: Die im Namen von C/2023 A3 Tsuchinshan-ATLAS gibt an, wann er entdeckt wurde und als wievielter Komet im Jahr. Der Doppelname beziehen sich auf die Teleskope, auf deren Aufnahmen er entdeckt wurde.
Wird Tsuchinshan-ATLAS explodieren?
Womöglich zerbricht Tsuchinshan-ATLAS quasi vor unseren Augen. Denn Zdenek Sekanina vom Jet Propulsion Laboratory, eine Kapazität unter den Kometen-Wissenschaftler:innen, hatte Anfang Juli 2024 untersucht, wie sich das Leuchtverhalten des Kometen entwickelt und daraus geschlossen, dass der Brocken den Vorbeiflug an der Sonne voraussichtlich nicht überlebt.
Der Staub-Schweif sei ungewöhnlich schmal und würde große Körner, aber keinen Staub mehr ausstoßen. Das sei ein Beweis, dass Tsuchinshan-ATLAS nur noch von trockenen, porösen Klumpen zusammengehalten würde. Für andere Astronom:innen ist das Ende aber nicht ausgemacht. Genauso gut könnte die seltsame Form an der Perspektive liegen, aus der wir von der Erde aus den Schweif sehen.