Fossiler Energieträger
Kohle: So wurde aus Pflanzen der wertvolle Rohstoff
- Veröffentlicht: 17.04.2024
- 05:00 Uhr
- Peter Michael Schneider
Kohle steht heute für Umweltverschmutzung und Klimawandel. Doch daran ist nur der Mensch schuld. Die Kohle selbst ermöglicht einen faszinierenden Blick auf die riesigen Urwälder des Erdaltertums. Woher Kohle stammt und wie sie entstand.
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Das Wichtigste in Kürze
Kohle ist steingewordenes Ergebnis energiereicher Sonnenstrahlen, die vor Hunderten Millionen Jahren riesige Urwälder gedeihen ließ.
Denn Kohle besteht aus umgewandelten Resten abgestorbener Pflanzen, denen Wasser und Sauerstoff entzogen wurde.
Jedes Jahr verbrennt der Mensch derzeit etwa acht Milliarden Tonnen davon und bläst seine Rückstände in die Atmosphäre - die Folge ist der menschgemachte Klimawandel.
Deutschland erzeugte 2022 ein Drittel seines Stroms mit Kohle. Zudem ist Kohle Rohstoff für Koks, um Eisen zu gewinnen.
Inhalt
Was ist überhaupt Kohle?
Woraus natürliche Kohle genau besteht und wie sie aussieht, hängt davon ab, wo und wie sie entstand, ob im Meer oder einem See, in 100 oder 2.000 Meter Tiefe. Hauptbestandteile sind aber immer kristalliner Kohlenstoff, organische Verbindungen, Wasser und Minerale, die nach dem Verbrennen als Asche übrig bleiben. Die organischen Bestandteile enthalten häufig einige Prozent Schwefel, der beim Verbrennen zu Schwefeldioxid verbrennt - ein Verursacher von saurem Regen. Der Begriff Kohle ist uralt und hat sich im Laufe der Zeit offenbar kaum verändert. Schon die Germanen sprachen von "Kula".
Grafik: So ist Kohle entstanden
🌴 Der Ursprung von Kohle sind Urwälder und großflächige Moore. Sterben die Bäume und andere Pflanzen darin ab, sinken sie auf den Boden, wo Fluss-Sedimenten sie allmählich zudecken. Von der Luft abgeschnitten vermodern ihre Reste in einigen Tausenden Jahren als erstes zu Torf.
🍂 Torf besteht vor allem aus Humus und Wasser. Mit einem Spaten kannst du ihn an vielen Orten in Norddeutschland schon aus in wenigen Metern Tiefe ausgraben.
♨️ In den Ebenen können solche Torf-Schichten im Laufe immer weiter absinken, manchmal Hunderte Meter und manchmal sogar Kilometer. Steigender Druck presst dabei das Wasser aus dem Torf, die zunehmende Hitze wandelt die Pflanzenreste chemisch um. Dieser Millionen Jahre dauernde Prozess nennt sich Inkohlung.
🟤 Als erstes bildet sich Braunkohle, die noch bis zu zwei Drittel aus Wasser enthält. Getrocknet besteht sie zu 75 Prozent aus Kohlenstoff.
⚫ Ab etwa zwei Kilometer Tiefe und 100 Grad Celsius entsteht Steinkohle, fast ohne Wasser und mit Kohlenstoffanteilen von über 90 Prozent. Kohle fast ohne Wasser und mit bis zu 100 Prozent Kohlenstoff nennt sich Anthrazit.
🌎 Für die Natur ist die Inkohlung und die natürliche Verbrennung Teil des uralten Kohlenstoff-Kreislaufs auf der Erde - der aber durch den Menschen in kürzester Zeit verändert wird.
Pflanzen: Das Ausgangsmaterial für Kohle
Ein großer Teil der Steinkohle stammt von mehr als 300 Millionen Jahre alten Wäldern, sie entstand also noch lange vor T-Rex. Damals sorgte unter anderem ein hoher CO2-Gehalt in der Luft, dass bis zu bis zu 40 Meter hohe Bärlappppflanzen und baumhohe Farne gediehen. Ihre Nachfolger wachsen auch heute noch, wie hier in den australischen Otway Ranges. Da in den Gesteinen dieses Zeitabschnitt besonders viel Kohle zu finden ist, tauften Geologen ihn Karbon, abgeleitet vom lateinischen carbo für Kohle.
Flöze: Konzentrierte Kohle
Keine Kohle mehr: Warum Pilze für das Ende der Steinkohle sorgten
Es ist offenbar kein Zufall, dass die meiste Steinkohle ausgerechnet aus dem Karbon stammt. Denn einer Theorie zufolge gab es damals noch keine Pilze, die in der Lage waren, auch die harten Bestandteile von Holz zu zersetzen. Erst als sich im Laufe der Evolution Pilze wie die "Weißfäule" bildete, wurde Holz schneller zersetzt, als es in der Tiefe verschwinden konnte. Folglich bildete sich anschließend deutlich weniger Steinkohle.
Spezialfall: Die deutsche Braunkohle
Im Gegensatz zur Steinkohle im Ruhrpott ist die deutsche Braunkohle in der Niederrheinische Bucht und dem Lausitzer Revier "nur" 30 bis 10 Millionen Jahren alt. Doch auch in diesem Zeitraum wuchsen tropische Dschungel mit Sumpfzypressen und Mammutbäumen. Allerdings sind die Reste dieser Urwälder weniger gereift als Steinkohle - manchmal finden sich darin sogar ganze Baumstämme. Daher liegt der Brennwert der feuchten Braunkohle um etwa ein Drittel niedriger.
Die Bundesrepublik ist im internationalen Vergleich einer der größten Produzenten von Braunkohle. Der Steinkohle-Bergbau hingegen ist seit 2018 Geschichte. Um an die zur Nordsee abfallenden Steinkohle-Flöze zu gelangen, mussten die Bergleute immer tiefer graben. Daher ist ihr Abbau im Laufe der Jahrzehnte immer teuer geworden - und am Ende unrentabel.
Fakten über Kohle
... dass Kohle zwar von Pflanzen stammt, aus wissenschaftlicher Sicht aber ein Sediment-Gestein ist?
… dass das Ruhrgebiet vor 300 Millionen Jahren nahe am Äquator lag und dort tropische Temperaturen herrschten?
… das aus etwa sieben Meter Torf nur ein Meter Kohle entsteht?
… dass alle Kohleflöze in Nordrhein-Westfalen aufeinanderlegt, sich auf fast 80 Meter Höhe türmen.
… das der mächtigste Kohleflöz im Ruhrpott fast drei Meter dick ist?
Woher deine Grillkohle kommt
Kohle lässt sich auch ohne Urzeit-Sümpfe herstellen. So wird deine Grillkohle beispielsweise aus Holz hergestellt, das luftdicht so stark erhitzt wird, dass Wasser und flüchtige Bestandteile verdampfen. Seit Jahrtausenden lebt ein ganzer Berufsstand davon, die Köhler. Auch heute noch wird Holzkohle so produziert, wenn auch im großen Maßstab wie hier in der Dübener Heide.